Schmitt-Weidmann, Karolin

Auf der Suche nach verbindenden Themen

Der erste Tag der Lehre an der Hochschule für Musik Detmold widmete sich dem Themenfeld der Kollaboration und Kommunikation in der Musikhochschule

Rubrik: Bericht
erschienen in: üben & musizieren 4/2022 , Seite 44

„Gemeinsam lehren und lernen – das machen wir doch schon!“ Ausgehend von bereits vorhandenen vielseitigen Ansätzen, Initiativen und Formaten widmete sich der erste Tag der Lehre der Hochschule für Musik Detmold am 6. Mai 2022 auf Initiative des Teams für Studiengangsentwicklung mit Wolfgang Tiemann, Sonja Heißenberg und Karolin Schmitt-Weidmann dem Themenfeld der Kollaboration und Kommunikation in der Musikhochschule. Formen kollegialer Zusammenarbeit in der Lehre stellten sich dabei in ihrer Komplexität und Vielseitigkeit sowie als unerschöpfliche Ressource für weitere Entwicklungen dar. Gestaltet und geleitet wurde der erste Tag der Lehre von Barbara Busch (Mannheim) und Wolfgang Rüdiger (Düsseldorf), die die Möglichkeiten vertiefender kollegialer Kooperation in einer Eingangskeynote und zwei parallel stattfindenden Workshops zum grundlegenden Motto und Ausgangspunkt ihrer eigenen Zusammenarbeit erklärten sowie lebendig und inspirierend (vor-) lebten.
Ausgehend von einer Lecture Performance rund um das Werk SATYA II (1981) für Fagott solo von Violeta Dinescu wurde in der Key­note der Perspektivreichtum musikalischer Werke und Welten künstlerisch-praktisch sowie theoretisch entfaltet.1 Geleitet wurde die Keynote von dem Grundgedanken, in der Hochschullehre nicht nur in spezifischen Fächern, sondern in übergeordneten Themen zu denken und zu handeln. Musik wurde dabei nicht als Impuls von außen, sondern vielmehr von innen, in ihrer Bedeutung für das Leben betrachtet, indem die Begeisterung für Musik als Zentrum jeglichen Handelns an Musikhochschulen und darüber hinaus gelebt und weitergetragen wird.
Hinsichtlich zukünftiger Lehrentwicklung (nicht nur) an Musikhochschulen bieten Koopera­tionsformate wie Teamteaching und Projektarbeit großes Potenzial für Gestaltungsräume, welche sich von dem Gedanken der Verbindung zwischen den oftmals isoliert behandelten oder praktizierten Einzeldisziplinen leiten lassen. Somit gilt es nach Busch und Rüdiger, ausgehend vom gemeinsamen Zentrum der Musik bzw. des Musizierens kontinuierlich nach verbindenden Themen zu suchen und über diese in einen Austausch zu treten. Im Spannungsfeld zwischen Bewahren auf der einen und Veränderung auf der anderen Seite ereignen sich Lehren und Lernen in ständiger Bewegung, Entwicklung, Umorientierung und flexibler Neupositionierung, wobei Anwendungsbezüge, Schnittmengen und Querverbindungen entdeckt und weiterentwickelt werden können.
Die performativ-reflexive Keynote bildete den Ausgangspunkt für zwei Workshops mit wechselnden Arbeitsgruppen: Barbara Busch lud dazu ein, das eigene hochschuldidaktische Handeln zu be- und hinterfragen und über gelingende Kommunikation an Musikhochschulen zu reflektieren. In Verbindung mit verschiedenen Anregungen zur Selbsteinschätzung wurden Erkenntnisse der Kommunikationspsychologie für den Unterrichtsalltag diskutiert und unter das übergeordnete Ziel gestellt, den Studierenden eine reflektierende und forschende Haltung zu vermitteln sowie pädagogische Professionalität in Form einer Bereitschaft zu kontinuierlicher Selbstreflexion und Weiterentwicklung der eigene Lehre vorzuleben.2 Gelingende Kommunikation kann dabei laut Busch keineswegs als Selbstverständlichkeit gelten und hängt im Unterricht sowie im kollegialen Miteinander maßgeblich davon ab, ob die Kommunikation von allen Beteiligten als geglückt bewertet wird und von Wertschätzung geprägt ist.
Ausgehend von bereits vorhandenen Kollaborationen über Wünsche für die Zukunft leitete Wolfgang Rüdiger im zweiten Workshop den Blick abermals von der Vielfalt der Sichtweisen auf Musik zu gemeinsamen Lehr-Lernformen. So wurden zum live gespielten Klavierstück ¿Y ahora? (1984) von Coriún Aharonián3 fachübergreifende und fächerverbindende Perspektiven gesammelt und gemeinsame Themen entwickelt, aus denen sich Ideen für kollaborative Lehrformate ableiten ließen. Der fortwährende Prozess der Gestaltung einer Kultur der offenen Türen wurde in den Diskussionen als Ziel und Aufgabe aller Hochschulangehörigen in einem sich gegenseitig bereichernden Miteinander begriffen.
Die Ergebnisse der Workshops wurden abschließend im Plenum zusammengeführt und hinsichtlich weiterführender und neuer Formen konkreter Zusammenarbeit an der Hochschule für Musik Detmold gebündelt, um die Begeisterung für Musik bei Studierenden und Lehrenden zu erhalten, zu stärken und vielschichtig auch in außerhochschulische Kontexte weiterzutragen. Motiviert, inspiriert und mit neuen Ideen ausgestattet wird das Kollegium der Hochschule für Musik Detmold den eingeschlagenen Weg des Miteinanders weitergehen und als fortwährenden Prozess kreativ ausgestalten, denn abermals ist klar geworden, dass Hochschulentwicklung zuvorderst als Lehrentwicklung verstanden werden muss.

1 vgl. Rüdiger, Wolfgang: „Quelle und Welle und die Weite der Welt. Violeta Dinescus Fagottsolo Satya II – Analyse und Interpretation“, in: Eva-Maria Houben (Hg.): Violeta Dinescu, Saarbrücken 2004, S. 46-59.
2 vgl. Busch, Barbara: „Kommunikation – Einführung“, in: Waloschek, Maria/Gruhle, Constanze (Hg.): Die Kunst der Lehre. Ein Praxishandbuch für Lehrende an Musikhochschulen, Münster 2022, S. 67-85.
3 vgl. Rüdiger, Wolfgang: „Wie mit Trauer und Wut. Annäherungen an ein Klavierstück von Coriún Aharonián“, in: üben & musizieren, 1/1999, S. 14-23.

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