Rota, Nino

Bagatella

für Klavier

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Schott, Mainz 2005
erschienen in: üben & musizieren 4/2006 , Seite 70

Der vor allem durch seine Musik zu Federico Fellinis Filmen berühmt gewordene Komponist Nino Rota (1911-1979), Schüler u. a. von Alfredo Casella, ist mit seinen Klavierwerken in den Programmen der Pianisten bis heute kaum vertreten. Neben den zum Teil sehr erfolgreichen Opern, Balletten, Sinfonien und Oratorien nimmt sich das Klavierwerk tatsächlich vom Umfang her eher bescheiden aus. Dabei hatte der Komponist offenbar durchaus ein vertrautes Verhältnis zu diesem Instrument. Vor solch einem Hintergrund ist es natürlich zu begrüßen, dass jetzt der Verlag Schott die Bekanntschaft mit einer kleinen Miniatur Nino Rotas ermöglicht.
Die Bagatella erschien 1941 als Beilage zu einer Nummer der Architektur-Zeitschrift Domus. Das Stück ist gerade einmal drei Seiten lang und zeichnet sich aus durch einen transparenten Klang, sehr fein austarierte Proportionen und eine sorgfältige Notation von Dynamik und Agogik. Zwei musikalische Charaktere – ein gesangliches Andante und ein bewegliches zweistimmiges Vivace im 6/16-Takt – wechseln sich dreimal hintereinander ab. Bei jedem erneuten Auftreten werden die beiden Teile variiert: in der Tonart, im Umfang, das Andante auch im Klaviersatz, der allmählich immer kompakter wird. Der dramaturgische Höhepunkt liegt beim dritten Auftreten des Andante-Themas; er wird sehr schön aufgefangen durch eine dynamisch stark zurückgenommene und auch im Tempo reduzierte Wiederholung des Vivace-Teils, der auf diese Weise eine Schlussfunktion in der sonst offen wirkenden Form bekommt.
Das Stück erfordert einige pianistische Erfahrungen, vor allem Gewandtheit in den Passagen des Vivaces, die Fähigkeit zu gesanglichem Spiel in einem weiträumigen, polyfon strukturierten, akkordischen Satz und eine differenzierte Pedaltechnik.
Die vorliegende Ausgabe ist sehr gut lesbar, auf Fingersätze und andere Ergänzungen wurde verzichtet. Das in vier Sprachen erscheinende Vorwort von Francesco Lombardi beschreibt die Entstehungsgeschichte des Stücks und zitiert ein kurzes, aber ausdrucksvolles Porträt des Komponisten durch den Kritiker Alberto Savinio. Sicher kann diese Ausgabe dazu anregen, sich auch einmal mit den übrigen Klavierwerken des Komponisten zu beschäftigen.
Linde Großmann