Reuter, Isabel

„Bei mir hat sich schon viel bewegt“

„Fit mit Musik! an der ­Musikschule“ startet mit einer ­Mentorenausbildungauf Schloss Kapfenburg

Rubrik: Bericht
erschienen in: üben & musizieren 5/2009 , Seite 40

Im Rahmen des Pilotprojekts „Fit mit Musik! an der Musikschule“ beschäftigen sich Musikschullehrkräfte in einer Mentorenausbildung mit den Grundlagen des gesunden Musizierens. Die Weiterbildung qualifiziert sie zu Ansprechpartnern für Musikergesundheit an ihrer Musikschule. „Körperbewusstsein gehört für mich zum Instrumentalspiel und zum Singen dazu. Deshalb interessiert mich dieses Thema schon sehr lange“, sagt der Schwäbisch Gmünder Musikschullehrer Thomas von Abel. Hinzu kommt, dass viele Kinder Schwierigkeiten mit Konzentration und Koordination hätten. Umso wichtiger sei es, die Musikschüler in diesem Bereich zu unterstützen und zu fördern.
Thomas von Abel gehört zu den ersten MusikschullehrerInnen Deutschlands, die im Rahmen des Projekts „Fit mit Musik! an der Musikschule“ als Mentoren ausgebildet werden. Roland Duckarm von der Musikschule Ebermannstadt möchte vor allem fundierte Kenntnisse über die Musikergesundheit kennen lernen: „Ich beschäftige mich schon seit einigen Jahren mit einer gesunden Haltung und effektiven Spielweise an meinem Instrument, dem Schlagzeug. Nachdem ich von der Mentorenausbildung gelesen hatte, konnte ich unseren Musikschulleiter und meine Kollegen für das Projekt begeistern.“
Die Mentorenausbildung besteht aus fünf Modulen, welche die gesamten musikphysiologischen Grundlagen von den anatomischen Aspekten bis hin zu den mentalen Voraussetzungen abdecken. Dabei werden die Gegebenheiten des Musikschulunterrichts stets einbezogen. Somit können die Teilnehmer das Gelernte direkt in ihren Unterricht integ­rieren. „Hier nehme ich viel für meine Schüler mit: die richtige Körperhaltung, die Bedeutung der Atmung usw. Wichtig ist für mich aber auch die eigene Körperwahrnehmung – nur wenn ich die Übungen am eigenen Leib gespürt habe, kann ich sie auch an meine Schüler weitergeben. Wir sollen schließ­lich Vorbild sein“, erklärt Angela Isidora Leal-Rojas, ebenfalls Lehrerin an der Musikschule Ebermannstadt. Roy Spiller von der Musikschule Tettnang fügt hinzu: „Vorbeugung von Beschwerden ist wichtig und sollte zu einem festen Bestandteil der musikalischen Ausbildung werden. Der Lehrer spielt dabei eine entscheidende Rolle, weil die Schüler auch seine Bewegungen imitieren. Er sollte deshalb wissen, was man falsch machen kann und wie man das verhindern kann.“
Nach der Mentorenausbildung geben die Teil­nehmer ihr Wissen an ihre Kollegen weiter. Außerdem organisieren sie einen Aktionstag zum Thema „Fit mit Musik“, um die Öffentlichkeit darüber zu informieren. „Die Musiker­gesundheit soll mit dem Projekt direkt in den Musikschulen ankommen. Denn dort findet der erste Kontakt mit dem Instrument statt“, fasst Erich W. Hacker, Direktor der Internationalen Musikschulakademie Kulturzentrum Schloss Kapfenburg, zusammen. Mittlerweile gibt es zahlreiche Studien und fundierte Forschungen zum gesunden Musizieren. Nun soll mit „Fit mit Musik! an der Musikschule“ eine Verbindung zwischen den neusten Erkenntnissen der Musikermedizin und der praktischen Musikschularbeit hergestellt werden. Jean Lopez-Diaz, Leiter der Musikschule Hechingen und ebenfalls Teilnehmer der Mentorenausbildung, ergänzt: „Musizieren in Einklang mit dem Körper durch Entspannungs- und Bewegungsübungen ist nicht nur gut für die Gesundheit, sondern verbessert auch das Spiel des Musikers. Die künstlerischen Fähigkeiten werden genauso gefördert.“
Für die Pilotmusikschulen, die sich mit dem gesunden Musizieren auseinandersetzen, gibt es das Zertifikat „gesunde musikschule“. Die Gmünder ErsatzKasse GEK, das Freiburger Ins­titut für Musikermedizin und die Internationale Musikschulakademie Kulturzentrum Schloss Kapfenburg vergeben es gemeinsam. Bisher sind die Musikschulen aus Tettnang, Ostfildern, Schwäbisch Gmünd, Me­ckenbeuren, Ebermannstadt, Hechingen, Mosbach und Nördlingen beteiligt. Das Projekt richtet sich an Musikschulen in ganz Deutschland, die motiviert und engagiert sind, aktiv Gesundheitsförderung für junge Menschen zu betreiben. Gern können sich noch weitere Einrichtungen anschließen. Die Projektdurchgänge starten jedes Jahr im Herbst.
„Bei mir hat sich nach vier Tagen schon viel bewegt“, meint Angela Isidora Leal-Rojas begeistert, „mehr Aufmerksamkeit, mehr Körperbewusstsein. Auch die gelöste Stimmung unter den Teilnehmern tut gut.“ Die Kommunikation mit den Kollegen schätzt auch Thomas von Abel: „Ich lerne hier verschiedene Methoden kennen, aus denen ich mir viele Anregungen für meinen Unterricht ziehen kann. Schön ist es auch, in der Gruppe da­rüber zu diskutieren. Da wird man mit dem neuen Wissen nicht allein gelassen, sondern schlägt gleich die Brücke zur Praxis.“
Das Projekt wurde vom Zentrum für Musik, Gesundheit und Prävention (ZMGP) ins Leben gerufen. Diese Einrichtung auf Schloss Kapfenburg gibt Musikern Einblicke in Präventionstechniken und leistet Aufklärungs­arbeit zum Thema Musikergesundheit.

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