Erik Satie

Clarinet Album

Arranged for Bb Clarinet and Piano by James Rae

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Universal Edition
erschienen in: üben & musizieren 6/2021 , Seite 67

Klarinetten spielen im Œuvre Erik Saties eigentlich keine Rolle, sodass die Musik dieses Außenseiters unter den Komponisten des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts KlarinettistInnen verschlossen bleibt. Der erfahrene Arrangeur James Rae will nun mit einem neuen Band seiner Reihe „Clarinet Album“ Abhilfe schaffen.
Für dieses Vorhaben eignen sich viele Klavierwerke Saties ohne große Eingriffe in die originalen Abläufe, da sich in ihrer homofonen Konzeption leicht eine Melodiestimme für ein Soloinstrument herausziehen lässt. Satie, der der zu seiner Zeit vorherrschenden Strömung der Spätromantik mit ihrer chromatisierten Harmonik eine Absage erteilte und ebenso dem Virtuosentum – er ist selbst ausgebildeter Pianist – den Rücken kehrte, strebte nach einfacher Gestaltung mit einer klaren Melodielinie, einfacher Rhythmik und funktional freier Harmonik, die häufig modal geprägt ist. Damit unterschied er sich deutlich von seinen Zeitgenossen, die sich ihrerseits von seiner Ästhetik beeinflussen ließen.
Am bekanntesten sind seine im Gestus an langsame Walzer erinnernden Klavierstücke. Von diesen Gymnopédien hat Rae das erste und dritte Stück arrangiert, ebenso die Nr. 1 und 3 der Gnossienne, deren schlichte Melodielinien für die Klarinette ideale Übungsstücke für das Legatospiel im Piano und das Trainieren eines langen Atems bzw. gutes Training für die Intonation der kurzen Töne sind (Gnossienne Nr. 1). Dass Satie zeitweise seinen Lebensunterhalt in Pariser Cafés und im Kabarett verdient hat, beeinflusste auch sein Schaffen. Ein lockerer und auch am Jazz inspirierter Tonfall zeigt sich im rhythmisch geprägten Prélude und im Finale aus der Pantomime Jack in the Box von 1899 und im Marsch Le Piccadilly von 1904, mittelschwere Stücke mit wirkungsvollem, üppigem Klavierpart. Walzerseligkeit mit traditionellerer Harmonik verströmen Poudre d’or und das seinerzeit populäre Chanson Je te veux.
Der Schlusssatz aus der bekannteren Sonate bureaucratique zeigt eine weitere Seite des Schaffens von Satie, der darin Muzio Clementi mit einer Klaviersonate humorvoll zitiert. Da die ursprünglichen Kommentare Saties nicht abgedruckt sind („He hums an old Peruvian air … He dares to waltz! … Alas! He must leave his office – his dear office …“ etc.), erschließt sich der Witz der Musik nicht unmittelbar und bedarf der Erklärung.
Die gelungene Werkauswahl kann im Unterricht auf verschiedenen Entwicklungsstufen eingesetzt werden. Dabei ist der Klarinettenpart technisch vielfach leicht bis mittelschwer, in der Gestaltung aber etwas anspruchsvoller. Der um die Melodielinie reduzierte akkordreiche und mit Oktavgängen gestaltete fast originale Klavierpart stellt dagegen insgesamt höhere Ansprüche.
Heribert Haase