Müller, Evemarie

Crashkurs Musiklehre

Noten – Intervalle – Harmonien – Formen – Fachbegriffe, mit DVD

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Schott, Mainz 2013
erschienen in: üben & musizieren 4/2014 , Seite 48

Die Unklarheit, ob dieser Crash­kurs eine Einführung in die Musiklehre oder ein Wiederholungsprogramm zur Auffrischung von Vorkenntnissen sein soll, zeigt sich bereits in der Ansprache: Das „Sie“ im Vorwort wechselt im Text zu „Du“. So richtet sich dieser Kurs dann doch, anders als behauptet, an AnfängerInnen. Wer schon über Grundkenntnisse verfügt, wird, um mehr und Weitergehendes zu erfahren, auf altbewährte Musiklehren zurückgreifen.
Müllers Buch ist in acht Kapitel untergliedert, von Prinzipien der Notenschrift über Tonleitern und Intervalle bis zu Anfängen der Formenlehre, eine Instrumentenkunde ist ausgespart. Unüblich ist die Trennung in Akkorde und Harmonien, der Akkordaufbau ist abgeteilt von leitereigenen Dreiklängen und Kadenzen. In fast allen Kapiteln finden sich Aufgaben, deren Lösungen im An­hang, zuweilen erscheinen über das Basiswissen hinausgehende Zusatzinformationen. Auf einer Tutorial-DVD sind alle Beispiele nochmals vorhanden, hier hörbar gemacht und anschaulich visualisiert, in ruhigem Sprechtempo nur wenig über den Lehrbuchtext hinausgehend. Alle Aus­führungen sind klar und sachlich gehalten.
Absolute AnfängerInnen können vor dem Problem stehen, in ei­nigen Abschnitten bereits auf Punkte zu stoßen, die erst später erklärt werden (so z. B. der Haltebogen oder der Auftakt) oder eher beiläufig (eine Fermate wird anhand einer beethovenschen Partiturseite erwähnt, im Glossar jedoch nicht). Zur Veranschaulichung dienen zumeist Volkslieder. Da deren Bekanntheitsgrad stetig zurückgeht, kann das Intervall-Memorieren mittels Liedanfängen damit nur noch partiell bewältigt werden (bei der reinen Prim kann von Aufwärts- oder Abwärtsbewegung nicht gesprochen werden).
Ungünstig bei der Erklärung des Dreiklangsaufbaus ist die Bezeichnung D bzw. M mit hintangestellter 3 und 5, da die Unterschiedlichkeit der Terzen diesen Zeichen nicht zu entnehmen ist. Sachlich falsch ist die Ineinssetzung von Dreiklang und Tonart. Der Dominantseptakkord wird am Rande erwähnt, der verminderte Septakkord als „sogenannter“. Die erweiterte Kadenz enthält Parallelen und widerspricht damit der aufgeführten Regel zur Gegenbewegung. Der Lagenbegriff bei Kadenzen wird nur auf die Tonika bezogen, charakteristische Dissonanzen fehlen. Recht nützlich sind im Anhang Gitarren- und Blockflötengriffe, Solmisationszeichen zur Entwicklung des Tonbewusstseins sind sinnvoll, sie sollten bei uns mehr Verbreitung finden.
Evemarie Müllers Crashkurs Musiklehre kann für AnfängerInnen genutzt werden, trotz einiger Mängel. Bedingt durch die komprimierte Form werden Fragen auftauchen, für die weitere Lehrwerke oder eine Lehrperson zurate gezogen werden sollten. Die äußere Form ist ansprechend und übersichtlich. Dem Umstand, dass Musiklehre bei SchülerInnen als eher trockenes Geschäft gilt, kann auch dieses Lehrwerk nicht entgegenwirken.
Christian Kuntze-Krakau