Neumann, Friedrich

Crashkurs Notenlesen

Grundlagen – Video-Tutorials – Aufgaben – Lösungen

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Schott, Mainz 2021
erschienen in: üben & musizieren 6/2022 , Seite 58

Dieser Crashkurs ist adressiert an diejenigen, die rudimentäre oder verschüttete Notenkenntnisse auffrischen wollen. Eine spezifische Altersgruppe ist nicht genannt, die verwendete Anrede „Du“ ist gegenwärtig allent­halben anzutreffen. Der Kurs eignet sich zum Selbststudium, das durch Demonstrationen und Übungen per Video-Tutorials, die mittels QR-Codes bei YouTube aufzurufen sind, unterstützt wird.
Der Band will keine Allgemeine Musiklehre sein, er ist dies aber tendenziell doch. In gebotener Kürze werden in sieben Kapiteln Notenschrift, Abläufe, Vortragsbezeichnungen, Versetzungszeichen, Dur- und Moll-Tonleitern, Intervalle sowie Akkorde behandelt, ferner sind Ansätze zur Formenlehre enthalten. Dies geschieht mittels knapp gehaltener Definitionen und Erklärungen, viele Notenbeispiele werden grafisch ergänzt z. B. durch Ab­bildungen von Klaviaturen oder Händen. Für das rhythmische Spiel wird empfohlen, mit einer Hand den Grundschlag zu klopfen, während die andere die Tasten eines Keyboards bedient.
Die Sprache ist sachlich und klar. Neumann beschränkt sich auf wichtigste Angaben, die er in den Videos an Tasten oder Gitarre stets mit synchronisierten Notenbildern einschließlich Markierungen exemplifiziert. Die Übungen wären auch als Kopiervorlagen denkbar, es sind Einträge vorzunehmen oder Lückentexte zu ergänzen, beigegebene Lösungen erlauben Vergleiche mit eigenen Ergebnissen.
Die Ausführungen sind fachlich zuverlässig, zeigen jedoch auch einige Ungenauigkeiten. So lässt die Aussage, im europäischen Tonsystem gebe es keinen geringeren Abstand als einen Halbton, Teile der Musik des 20. Jahrhunderts außer Acht. Bei Bunt sind schon die Wälder fehlt das Generalvorzeichen, der Modus von Es geht ein dunkle Wolk’ ist Dorisch. Um Segno- und Kopfzeichen zu veranschaulichen, werden Liedmelodien untypisch zerrissen dargestellt, hier wäre ein üblich notierter Jazz-Standard passender. Ungünstig ist, dass ein Auftakt bereits als Takt mitgezählt wird, so wird die Viertaktigkeit der melodischen Gruppen nicht offensichtlich. Die auch hier vertretene beliebte Methode, sich Intervalle mittels Liedanfängen zu merken, stößt in der Praxis auf das Problem, dass die gemeinsam erinnerte Schnittmenge an Liedern, insbesondere Volksliedern, kleiner wird.
In der Kürze eines Crashkurses lässt sich kaum vermeiden, dass Dinge erklärt werden, die nicht weiter geübt werden (z. B. Vortragsbezeichnungen, Bassschlüssel). Es kann hier nur eine Auswahl begrenzter Themenfelder zur Sprache kommen, für die einige Übungen bereitgestellt werden. Dies leistet Friedrich Neumanns Buch. Wer mehr trainieren will, könnte auf Allgemeine Musiklehren wie z. B. die von Ziegenrücker oder Lonardoni zurückgreifen.
Christian Kuntze-Krakau