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Kirschning, Antje

„Das ist doch nicht so gemeint“

Über alltäglichen Sexismus an Musikhochschulen

Rubrik: Aufsatz
erschienen in: üben & musizieren 6/2017 , Seite 44

Sexualisierte Diskriminierung gibt es überall, selbstverständlich auch im Studium.An Musikhochschulen ist dieses Thema besonders sensibel und schwierig zu handhaben, denn im Unterricht kommen sich die Lehren­den und Studierenden im wahrsten Sinne des Wortes “sehr nahe”. Da kann es mitunter zu Situationen kommen, in denenpersönliche Grenzen missachtet und überschritten werden.

Ein respektvolles Miteinander fördert die Kreativität, beschleunigt die künstlerische Entwicklung und ermöglicht damit letztlich exzellente Leistungen. Deshalb hat die Rektorenkonferenz der Musikhochschulen (RKM) 2016 die Arbeitsgruppe „Sexualisierte Diskriminierung“ gebildet. Sie entwickelt derzeit bundesweit einheitliche Qualitätsstandards und berücksichtigt dabei die Besonderheiten an künstlerischen Hochschulen, da während des Musikunterrichts die Technik am Instrument vermittelt und perfektioniert wird. Ein Aspekt ist dabei die Körperarbeit, bei der die Haltung und die Atmung reflektiert, kommentiert und korrigiert werden. Beim Gesangsunterricht ist der Körper sogar das Inst­rument, mit dem musiziert wird. Auch die Stimmung oder Tagesform kann dabei Thema sein, denn sie lässt sich nicht verheimlichen oder „überspielen“. Inhaltlich geht es in der Musik oft um starke Gefühle wie Freude und Trauer oder Liebe und Hass. In Opern zum Beispiel kommen intime, erotische und auch gewalttätige Szenen vor.
Ein weiterer Aspekt kommt hinzu: Der Einzelunterricht findet teilweise außerhalb der Hochschule, zum Beispiel in Privaträumen, statt oder zu Zeiten, zu denen die Gebäude wenig besucht sind. Es gibt Lehrformate mit Konzerten in den Abendstunden oder am Wochenende und oft gehen diese nahtlos in Feierlichkeiten über. Folglich setzt der Unterricht an Musikhochschulen ein großes persönliches Vertrauen zwischen Lehrenden und Studierenden voraus, das im Idealfall im Lauf der Zeit wächst. Zudem verläuft die Entwicklung der Studierenden zu einer „künstlerischen Persönlichkeit“ oftmals nicht gerad­linig. Bei den Umwegen und Irrwegen, die zum Leben dazugehören, geht sie mitunter bis an die persönlichen oder körperlichen Grenzen. Dann ist es besonders wichtig, dass die Studierenden psychisch aufgefangen wer­den.
In diesem komplexen Lernprozess muss das Bedürfnis nach Distanz und Nähe immer wieder neu austariert werden. Diese Besonderheiten hat die Bundeskonferenz der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten an Hochschulen (BuKoF) sehr gut beschrieben und resümiert: „Solche Lehrformate und Lehrverhältnisse setzen eine besonders hohe Professionalität der Lehrenden voraus. Das bedeutet, sie benötigen ein Bewusstsein für Grenzsituationen, Achtsamkeit und Respekt im Umgang mit Studierenden und Kolleg*innen und ihren je unterschiedlichen Grenzen.“1

Schauplatz öffent­licher Meisterkurs

Eine Szene, die verdeutlicht, wie wichtig es ist, mit den Grenzen des Gegenübers sensibel umzugehen, wird in der Zeitung Die Welt beschrieben. In einem Artikel über einen Meisterkurs gibt es eine Situation, die sich so oder so ähnlich hundertfach an Musikhochschulen abspielt. Sieben aufgeregte Gesangsstudierende singen in einem vollen Saal vor einem Bühnenprofi. Die Stimmung erinnert die Autorin an eine Casting-Show: „Und dann betritt eine junge, sehr schöne Frau mit sehr kurzem Kleid die Bühne […] Der Musikprofessor bewegt sich stapfend über die Bühne hin zur Interpretin. ,Töne, die Sie nicht im Rücken spüren, gibt es gar nicht‘, schmettert er ihr entgegen. ,Hocken Sie sich mal auf den Boden.‘ Die junge Frau schaut verstört. ,Ja, ja, Sie hören richtig, da passiert aber nichts. Ich bin glücklich verheiratet. Sie sollen sich hinhocken, weil […] ich komme nicht an Sie ran.‘ [Der Professor] tritt hinter die Sängerin, legt ihr die Hände auf die Schulter und entlockt ihr einen Ton. ,Das klingt verschlossen wie die Bank von England‘, kommentiert er. ,Öffnen Sie den Tresor. Bei jeder Dynamik entsteht eine eigene Klang­farbe. So, und jetzt denken Sie mal, ,je suis eine Königin‘. Ich singe euch alle in Grund und Boden. Sie sind doch eine so schöne Frau!“2
Stellen wir zunächst klar: In einem solchen Meisterkurs geht es darum, an der sängerischen und musikalischen Performance zu arbeiten. Subtil vermischt der Professor hier den Unterricht mit anderen Botschaften. Die Studentin wird als „sehr schöne Frau“ bezeichnet. Welche Rolle spielt das? Was wäre, wenn sie nicht „schön“ wäre? Interessant ist, dass sowohl die Autorin als auch der Professor die Studentin „schön“ finden. Es gibt zwar gesellschaftlich geteilte Überzeugungen davon, welche Frauen oder Männer als attraktiv gelten, doch die Wahrnehmung von Schönheit ist höchst subjektiv. Die Bewertung, sie sei „doch eine so schöne Frau“ mag als Kompliment gemeint sein. In dieser Situation besteht jedoch eine Hierarchie: Er als Lehrer nimmt sich das Recht, das Äußere der Schülerin auf offener Bühne zu kommentieren. Das ist respektlos und demütigend. Er missbraucht in diesem Moment seine Macht als Lehrperson.
Übrigens: Das Aussehen der anderen – männ­lichen – Sänger wird in dem Artikel nicht kommentiert und von einer zweiten Sängerin ist nicht die Rede. Es ist symptomatisch, dass auf das Äußere von Frauen mehr oder weniger ausführlich und bewertend ein­ge­gangen wird, wohingegen bei Männern im Allgemeinen und auch in diesem Artikel der Fokus auf der Performance liegt und die Inhalte zählen.

Was ist das eigentlich: Sexismus?

Das Beispiel zeigt, dass sexualisierte Diskriminierung nichts mit Sexualität zu tun hat, sondern mit Macht. Dafür gibt es ein Wort: Sexismus. Er gehört zu unserem Alltag – wir nehmen ihn aber oft nicht bewusst wahr, eben weil er so alltäglich ist. Deshalb ist es wichtig, sexistische Machtdemonstrationen und „Machtspielchen“ als solche zu benennen. Wer das im wahren Leben macht, hört oft Sätze wie: „Das ist doch nicht so gemeint. Ich wollte nur ein Kompliment machen. Ich bin doch kein Sexist…“ Sie geben deutlich zu verstehen: Ich habe nichts Unrechtes getan, hier gibt es kein Problem. Und wenn es hier ein Problem geben sollte, dann ist es ein privates – und zwar eines der anderen. Wer Sexismus thematisiert, stellt immer auch die Fra­ge nach der Macht, nach ihrer ungleichen Verteilung und nach den Strategien, mit denen diese Verhältnisse aufrechterhalten werden.

Wer Sexismus thematisiert, stellt immer auch die Fra­ge nach der Macht.

Sexismus ist ein Überbegriff für sexuelle Belästigung und andere Formen von sexualisierter Gewalt. 2016 wurde das deutsche Strafrecht reformiert. Dabei wurden die juristischen Voraussetzungen für eine Verurteilung wegen sexueller Nötigung oder Vergewaltigung verringert. Bisher galt, dass ein Täter nur verurteilt werden konnte, wenn er Gewalt angedroht oder angewendet hat oder das Opfer schutzlos war. Dadurch blieben zum Beispiel Grapschereien häufig ungeahndet oder Übergriffe, bei denen sich das Opfer nicht körperlich widersetzte. Künftig soll der „Nein heißt Nein“-Grundsatz gelten. Er besagt, dass sich schon derjenige strafbar macht, der „gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen“ vollzieht. Dafür drohen künftig Haftstrafen von bis zu fünf Jahren.
„Erkennbar“ bedeutet dabei, dass auch einfache verbale Äußerungen wie eben ein „Nein“ oder ein „Hör auf“ genügen können. Entscheidend ist, dass das Opfer nachvollziehbar darstellen kann, dass es sich gegen die Handlung ausgesprochen hat. KritikerInnen argumentieren, dass dies zu weit gehe. Was eine Person als belästigend empfindet, ist von der anderen Person möglicherweise nicht grenzüberschreitend gemeint. Umso wichtiger ist es, dass wir uns frühzeitig darüber austauschen, wie wir respektvoll miteinander umgehen und Grenzüberschreitungen vorbeugen.

Das Opfer beschuldigen: „victim blaming“

Zurück zu unserem Beispiel. Die Studentin trägt ein Kleid. Wir erfahren, es ist „sehr kurz“. Spielt das eine Rolle? Und wenn ja, welche? Bei Verurteilungen wegen sexueller Belästigung und Gewalt wird oft nach einer Mitverantwortung der Opfer gesucht nach dem Motto: „Damit musst du eben rechnen, wenn du einen Minirock trägst.“ Mit diesem Erklärungsmuster wird das Opfer als Ursache für sexualisierte Gewalt in den Fokus gerückt. Die Unterstellung lautet, das Opfer selbst habe durch bestimmte Faktoren wie etwa Kleidungsstil, Verhaltensweise oder ­Alkoholkonsum sexualisierte Gewalt ausgelöst.
Dem Opfer wird suggeriert, es hätte eine Mitschuld oder sogar die Hauptschuld daran, dass ihm Gewalt angetan wurde. Das führt dazu, dass Betroffene sehr häufig nicht die Unterstützung bekommen, die sie benötigen. Außerdem suchen viele Opfer die Schuld bei sich und trauen sich nicht, über ihre Erfahrungen zu sprechen – oder sie sogar zur Anzeige zu bringen. Diejenigen, die andere belästigen, werden wiederum entlastet, da sie argumentieren können, sie hätten sich zum Beispiel aufgrund der Kleidung des Opfers aufgefordert gefühlt und sich nicht „beherrschen“ können. Diesem Erklärungsmodell liegt allerdings auch ein problematisches Bild von Männern zugrunde, die sich als animalische Triebtäter „nicht im Griff haben“. Seit den 1970er Jahren hat sich für diese Strategie der Schuldumkehr die Bezeichnung „victim blaming“ durchgesetzt.3
Indem der Professor sagt: „Hocken Sie sich mal auf den Boden“, erteilt er der Studentin eine Anweisung. Er übergeht, dass sie irritiert reagiert. Dies hätte ihm den Hinweis geben können, dass hier eine Erklärung oder mehr Höflichkeit angebracht wäre. Durch das Hinhocken wird sie nun neben der bestehenden Hierarchie auch auf einer körperlichen Ebene in eine untergebene Position gebracht und damit „klein gemacht“. Eine respektvolle Aufforderung hätte der Studentin signalisiert, dass der Professor darum weiß, dass das Hinhocken vor dem Statushöheren als unangebracht und heikel empfunden werden kann.
Stattdessen fährt er fort: „Ja, ja, Sie hören richtig, da passiert aber nichts.“ Was könnte denn „passieren“? Nun kommt eindeutig eine sexuelle Komponente hinzu: „Ich bin glücklich verheiratet.“ Was ist der Subtext? Was wäre, wenn er unglücklich verheiratet wäre? Würde dann „was passieren“? Welches Bild von seiner Ehe verbreitet er nebenbei? Besonders perfide ist, dass er der Studentin unterstellt, sie habe Fantasien sexueller Natur. Er beschuldigt sozusagen sein Opfer und weist sie quasi zurück mit „da passiert aber nichts“. Denn er ist ja verheiratet. Erst später begründet er seine Anweisung mit einem sachlichen Grund: dem Größenunterschied. Er hätte sie auch gleich höflich bitten können, sich hinzuhocken, damit er an ihre Schulter herankommt.

Sexistisch sein können Männer und Frauen

Die Autorin nimmt die Verstörung wahr, thematisiert jedoch in ihrem Beitrag nicht deren Umstände. Hier wird deutlich: Sexismus kommt einmal in direkter Interaktion zum Aus­druck und wird weiterhin legitimiert durch Nicht-Wahrnehmen oder Nicht-Benennen. Das Beispiel macht deutlich: Sexismus ist unabhängig vom Geschlecht. Der Professor „legt ihr die Hände auf die Schulter und entlockt ihr einen Ton“. Angebracht wäre, dass er sie vorher fragt, ob sie damit einverstanden ist. Und wenn er fragt, muss er die Antwort abwarten, denn sie könnte ja auch ablehnen. Zumindest sollte er seine pädagogische Intervention mit Körperkontakt vorab ankündigen und erklären. So ist dies auch bei einer Begegnung mit einer Ärztin oder einem Arzt üblich.
Es macht einen Unterschied, aus welcher Position heraus sich jemand einen Spruch oder einen Witz „erlauben“ kann und welche Möglichkeiten das Gegenüber hat, sich dagegen zur Wehr zu setzen. Umgekehrt wäre es undenkbar, dass die Studentin in der beschriebenen Situation das Aussehen des Lehrers kommentiert hätte. Im Kontext des Unterrichts ist die Macht generell extrem ungleich verteilt, da die Lehrperson am Ende die Studentin oder den Studenten benotet und ihre Empfehlungen über deren weitere künstle­rische Karriere mitentscheiden. Hier ist der Grenzübergriff ein einseitiges Verhalten einer Lehrperson, die als künstlerische Autorität geachtet oder gar als Idol verehrt wird. Eine ablehnende Reaktion der Studentin ist vor Publikum kaum möglich. Die Gefahr, sich lächerlich zu machen und weiter bloßgestellt zu werden, ist groß. Sie könnte das Vorsingen abbrechen. Dann würde sie wohl als humorlos, zimperlich und prüde von der Bühne gehen. Oder sie müsste sehr schlagfertig kontern, doch dann wäre ihr Ruf an der Hoch­schule ebenfalls beschädigt – und darüber hinaus zum Beispiel auch bei Wettbewerben. Sie sollte keine Angst haben müssen vor negativen Folgen, denn allein diese Angst gibt denjenigen, die andere sexuell belästigen, so viel Macht.4

Mit Nähe und Distanz umgehen

Es handelt sich hier nicht um eine Einzelerfahrung, die bedauerlich ist und für die es eine individuelle, private Lösung zu finden gilt. Vielmehr erleben Studentinnen und Studenten häufig sehr ähnliche sexistische Situationen. Es geht beim öffentlichen Sprechen über Sexismus nicht darum, zu moralisieren und einzelne Menschen wegen ihres Fehlverhaltens bloßzustellen. Vielmehr geht es darum aufzuzeigen, dass eine konkrete Situa­tion wie Sexismus in einem öffentlichen Meisterkurs Ausdruck eines strukturellen, gesamtgesellschaftlichen Problems ist, das wir nur im Konkreten in den Griff bekommen. Voran bringt uns nur ein Dialog in der Situation. Das erfordert Mut.
Auch an Musikhochschulen müssen wir uns über unsere Erfahrungen mit Grenzverletzungen, Diskriminierung und dem Bedürfnis nach Distanz und Nähe austauschen. Gemeinsam müssen wir nach Methoden und Lösungen suchen, die sich im Alltag umsetzen lassen.5 Dieser Austausch sollte im besten Fall zu Anfang des Studiums beginnen und regelmäßig durch die Hochschule ermöglicht, das heißt also institutionalisiert werden. So wie Studierende an wissenschaftlichen Hochschulen lernen und üben, wissenschaftlich korrekt zu arbeiten, so sollten Studierende an künstlerischen Hochschulen fortlaufend den Umgang mit Nähe und Distanz lernen und üben. Sie sollten trainieren, die eigenen Grenzen und die des Gegenübers wahrzunehmen und zu respektieren, da im künstlerischen Entwicklungsprozess die Beziehungen zu den Lehrenden auch körperliche Bezugnahmen einschließen.
Die beschriebene Szene verdeutlicht, dass an Musikhochschulen der Umgang mit sexueller Belästigung besonders sensibel und schwierig zu handhaben ist. Aus ihren Erfahrungen kommt die Bundeskonferenz der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten an Hochschulen (BuKoF) zu dem Schluss: „Der Grenzübergriff ist stets ein einseitiges Verhalten und zwingt die Betroffenen zu einer ablehnenden Reaktion auf sehr persönlicher Ebene gegenüber einer Lehrperson, die als künstlerische Autorität geachtet wird. Fast immer haben die Betroffenen den Anspruch, dass die Lehrperson keinen Gesichtsverlust erleidet, dass sie auf keinen Fall verletzt oder beleidigt wird, dass die Anerkennung und Förderung durch diese Lehrperson nicht aufs Spiel gesetzt wird. Daher liegt die Verantwortung dafür, dass die Studierenden einem solchen emotionalen Druck nicht ausgesetzt sind, bei den Lehrenden und bei den künstlerischen Hochschulen.“6
Die BuKoF fordert in ihren Handlungsempfehlungen zum Umgang mit sexualisierter Diskriminierung und Gewalt, dass sich jede Hochschule öffentlich gegen sexualisierte Diskriminierung und Gewalt positioniert und bei neu eingestelltem Lehrpersonal entsprechende Vereinbarungen unterzeichnet werden. Jede Hochschule sollte eine Richtlinie für einen respektvollen und fairen Umgang miteinander verabschieden und Beschwerderichtlinien für den Umgang mit sexualisierter Diskriminierung und Gewalt erlassen. Außerdem sollten alle Ansprechpersonen öffentlich bekannt gegeben und intern oder extern weitergebildet werden. Schließlich schlägt die BuKoF Fortbildungen zur Prävention von Grenz­überschreitungen, kollegiale Beratungen und Supervisionen vor.
An manchen Musikhochschulen wurde davon schon einiges umgesetzt. Die bereits existierenden Vorlagen können übernommen und an die Bedingungen jeder einzelnen Hochschule angepasst werden. Bedauerlich ist, dass manchmal erst bekannt gewordene, kritische Vorfälle zum Handeln führen. Viele Lehrende halten es für überflüssig, dieses Thema zu diskutieren oder haben sogar Angst davor. Wer zugibt, den eigenen Umgang mit sexualisierter Diskriminierung zu reflektieren, setzt sich dem Verdacht aus, er oder sie habe damit ein Problem. Dabei ist es gerade umgekehrt: Meist melden sich die ohnehin sensibilisierten Lehrenden.
Niemandem kann eine Fortbildung vorgeschrieben werden, jedoch sollten zumindest Angebote auf freiwilliger Basis stattfinden. Diese werden sich an den relativ kleinen Musikhochschulen herumsprechen und langfristig müssen sich alle Lehrenden mit dem Thema auseinandersetzen. Allerdings braucht ein solcher Kulturwandel Zeit und die passenden Formate müssen noch entwickelt werden. Der gute Ruf der deutschen Musikhochschulen wird am Ende alle überzeugen. Denn ein respektvoller Umgang miteinander fördert die künstlerische Kreativität und ermöglicht damit letztlich exzellente Leistungen.


1 Bundeskonferenz der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten an Hochschulen: Handlungsempfehlungen der BuKoF zum Umgang mit sexualisierter Diskriminierung und Gewalt an künstlerischen Hochschulen, 2016, www.bukof.de/tl_files/Veroeffentl/16-07-21-BuKoF_Handlungsempfehlungen-Sexualisierte%20Diskriminierung%20und%20Gewalt_Kunsthochschulen.pdf
2 Anke-Sophie Meyer: „Der lange Weg auf die große Opernbühne“, in: Die Welt, 30. April 2015.
3 Anna Schiff: Broschüre Ist doch ein Kompliment… ­Behauptungen und Fakten zu Sexismus, Reihe „luxemburg argumente“, 9/2016, S. 16. Die Broschüre liefert Argumente, um gängige Mythen und abwehrende Behauptungen, die ein Sprechen über Sexismus unterbinden sollen, zu entkräften. Sie endet mit dem Appell: „Sexismus ist von Menschen gemacht, also können wir ihn auch abschaffen.“ www.rosalux.de/publikation/id/ 8932/ist-doch-ein-kompliment
4 Hochschule für Musik Hanns Eisler Berlin: Nein heißt Nein. Informationen zu sexualisierter Belästigung, ­Diskriminierung und Gewalt, 2016, S. 19, www.hfm-berlin.de/fileadmin/user_upload/PDF/Frauenbeauftragte/Broschuere_HfM_Nein_heisst_Nein_deutsch.pdf
5 vgl. Schiff, S. 9.
6 Handlungsempfehlungen der BuKoF, siehe Anm. 1.


Dieser Beitrag ist die leicht gekürzte Fassung eines ­Artikels, der zuerst erschienen ist im Hochschulmagazin der neuen musikzeitung 6/2017. Wir danken für die freundliche Nachdruckgenehmigung.

Lesen Sie alle Beiträge in Ausgabe 6/2017.