Igudesman, Aleksey
Das Katzenkratzbuch
Leichte Geigenduette mit Gedichten und CD
Zehn Katzengeschichten erzählt uns in Gedichtform der Geiger Aleksey Igudesman und bekennt so seine Liebe zu diesen eigenwilligen Tieren, die allen widrigen Umständen zum Trotz besteht. Sorge um verschwundene Kater, verrückte Tiere und rasende Mäuse können ihn nicht beirren: „’Nen Kater hasta und basta!“
Igudesman vertont seine Gedichte als „leichte Violinduette“ – was heißt hier aber leicht? Zunächst sicherlich der charmante Ton, den er anschlägt, wenn er seine Stücke auf CD präsentiert. Längst hat der auf international bedeutenden Klassik-Bühnen Erfahrene auch den Crossover zu Jazz und Musikkomödie vollzogen und so haben seine Rag- und Jazz-Rhythmen jene wunderbar animierende Mühelosigkeit, die sich „klassische Geiger“ und ihre Schüler gern zum Vorbild nehmen.
Leichtigkeit spricht auch aus dem heiteren Ernst, mit dem der Komiker auf das Leben schaut: Beispielsweise auf den Allergiker, der seinen Kater liebt, dann aber morgens keuchend erwacht, weil der haarende Gefährte das Kopfkissen in Besitz genommen hat: Das klingt schon Besorgnis erregend, wie die Melodie sich immer und immer wieder in Zweierbindungen um dieselben Töne dreht, ganz wie ein ruheloser Schläfer. Leicht ist auch der emotionale Zugang zu dieser erzählenden Musik von bösen, geliebten, wilden und im Schnee frierenden Katzen.
Und könnte es nicht auch leicht fallen, die Hürden der technischen Umsetzung spielerisch zu nehmen? Ein gutes Stück Hilfe wird ein Anfänger, auch wenn er mit dem Spiel in der dritten Lage bereits begonnen hat, noch gern annehmen: Jedes Duo bringt mit Tremolo, Flageolett, Doppelgriffen, schnellen Saitenwechseln etc. – eine besondere Spieltechnik, die vorbereitet sein will. Die Grifffolgen der über Dur- und Molltonleitern hinausgehenden ausdrucksvollen Melodien erfordern Beweglichkeit von Gehör und Fingern. Jedoch sind die Anforderungen in jedem Duo auf ein oder zwei Schwierigkeiten begrenzt, die, einmal vorbereitet, spielend geübt werden können: Etüden also, die Vergnügen machen. Die Übeanweisungen des Komponisten sind humorvoll und ermutigend, nie belehrend.
Selbstverständlich darf, wenn es um Violinduos geht, ein Bezug zu Béla Bartóks großem Vorbild nicht fehlen. Er besteht in der kleinen Form (alle Stücke sind mit 45 bis 60 Sekunden recht kurz) und der Beschränkung der musikalischen Mittel, darüber hinaus im emanzipatorischen Umgang mit Taktwechseln und origineller Rhythmik. Die Melodik erweitert wie bei Bartók den Horizont des Gewohnten und der pädagogischen Anfängermusik. Anzunehmen ist allerdings, dass Geigenschüler heute auf Igudesmans Katzenduos mit weniger Befremden reagieren als auf die zuweilen spröde wirkenden ungarischen Lieder der Bartók-Duos, sind doch die Hörerfahrungen vielfältiger und Grenzen zu Melodien internationaler Nachbarn durchlässiger als je zuvor.
Regine Schultz-Greiner