Heumann, Hans-Günter

Das Klavier

Musikinstrumente entdecken, mit CD

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Schott, Mainz 2007
erschienen in: üben & musizieren 2/2008 , Seite 55

Was wären KlavierschülerInnen (und ihre Lehrkräfte) ohne Hans-Günter Heumann? Jetzt hat er sich der weitgehend brachliegenden klaviermusikalischen Allgemeinbildung seiner Klientel angenommen. In der Schott-Reihe „Musikinstrumente entdecken“ ist sein inhaltsreicher und verführerisch bebilderter Band Das Klavier erschienen.
Das Buch zeigt die Geschichte des Klaviers in zum Teil akribischer Genauigkeit von seinem „Geburtstag und Geburtsort“ über vielerlei „Kuriositäten“ bis hin zum heutigen Designer-Flügel oder Digitalklavier. Man erhält Einblick in Herstellungsabläufe, bekommt sogar die unterschiedlichsten Werkzeuge des Klavierbauers zu sehen, erfährt etwas über die Akustik des Klaviers, kann einen sehr nahen Blick in seine Mechanik und ihre Funktion werfen. Auch die Geschichte der Klaviermusik, ihre wesentlichen Gattungen, Komponisten, Interpreten in Klassik, Jazz und Pop kommen zur Sprache, werden tabellarisch aufgelistet.
Ein Kapitel hält erste Ratschläge zum „Erlernen des Klavierspiels“ bereit, auch schon „Übetipps“. Es geht um die Pflege, den Klavierkauf, Kapitel 13 wartet mit einer „kleinen Witzesammlung“ auf und am Schluss wird der Leseerfolg als „Rätselspaß“ in einem Test abgefragt. Ein Register, eine Zeitleiste, Statements von jungen Klavierspielern („Warum spiele ich Klavier?“) und eine CD mit vielen zum Klavierspielen verführenden Beispielen von Clavichordmusik bis Elton John ergänzen die Fülle des Buchs, das trotz seiner Knappheit so manchen voluminösen Prachtband zum gleichen Thema zu ersetzen vermag. Ein Buch, das man jedem Kind und seinen Eltern gleich bei der ersten Schnupperstunde Klavier mit- geben möchte.
Doch es bleiben auch Wünsche offen: Die Computer-Fenster im Layout sind Zeitgeist-Schnick-Schnack, deren „innere Differenzierung“ in „Schon gewusst“ und „Für Spezialisten“ leuchtet etwa beim Pedal wenig ein. Im Übrigen sollten gerade junge Leser sich doch als Spezialisten fühlen. Dass der Band mit manchen sachlichen Verkürzungen auskommen muss, leuchtet ein; dass er bei Chopins E-Dur-Etüde op. 10 mit dem geschmäcklerischen Titel „Tristessa“ hantiert nicht. Marginalien: Wie viel sind denn nun 25000 Pfund Sterling in heutigem Wert? Das Keyboard ist heute der „Sammelbegriff für elektronische Tasteninstrumente“. „Für Spezialisten“ wäre da aber auch die Frühzeit der englischen Klaviermusik zu erwähnen gewesen.
Das Buch beeindruckt und informiert gleichzeitig durch seinen Bilderreichtum. Seine Sprache indes, die ja hier nicht nur Tatsachen zu vermitteln hätte, lässt einen begeistert-mitreißenden Ton vermissen; sie verharrt auf der Leidenschaftslosigkeit eines Erdkundebuchs für den Schulgebrauch. Der Pianist Lars Vogt hat für das Buch ein bemühtes, uninspiriertes Grußwort geschrieben. Auf dies verbale „Schulterklopfen“ hätte man gut verzichten können.
Günter Matysiak