Erben, Eva

„Den Himmel berühren“

Die Musikpädagogin Frieda Loebenstein (1888-1968)

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Wißner
erschienen in: üben & musizieren 6/2021 , Seite 65

Frieda Loebenstein (1888-1968) ist in Fachkreisen als Pionierin der Klavierpädagogik bekannt. Darüber hinaus gehend zeichnet Eva Erben mit ihrer Dissertation ein „Gesamtporträt“ von Loebenstein in ihrem Leben und Wirken. Musik und Religion bildeten hiernach ein Leitbild; Loebenstein sah ihre Pflicht darin, „die von Gott empfangenen Talente und Begabungen zum Wohl anderer Menschen zu nutzen und dabei stets nach Perfektion zu streben“. Der Titel der Monografie – „Den Himmel berühren“ – fasst das Lebensmotto von Loebenstein zusammen.
Im ersten Teil der Arbeit wird Loebensteins Werdegang chronologisch in „drei Leben“ geordnet: Ihr erstes Leben (bis 1933) als deutsche Jüdin, das zweite Leben (bis 1939) als Konvertitin, und schließlich erlangen wir im dritten Leben (bis zu ihrem Tod 1988) Einblick in ihr Leben als Benediktinerin in einem Kloster in Brasilien und in ihren musikpädagogischen Beitrag zur Gregorianik. Der Verdienst dieses Teils ist es, durch detek­tivische Recherche in Archiven und Antiquariaten und durch Begegnungen mit Menschen, die in Verbindung zu Frieda Loebenstein standen, zahlreiches bisher unbekanntes Quellenmate­rial ans Licht gebracht zu haben.
Der zweite Teil legt den Fokus auf das musikpädagogische Wirken Loebensteins und zeigt die Konzeption ihres musikpädagogischen Handelns systematisch auf: Loebenstein als Musikpädagogin, Gehörbildungslehrerin, Klavierpädagogin und Chorleiterin, die Erkenntnisse aus der Pädagogik und Entwicklungspsychologie und den reformpädagogischen Bewegungen in ihre Arbeit einbezieht.
Eva Erbens Begeisterung und hohe Wertschätzung für die Musikpädagogin Loebenstein, die eine große Liebe zum Unterrichten, zum Kind und zur Musik verkörpert hat, und ihr „drittes Leben“ in den Dienst der Liturgie und Kirche stellte, steckt beim Lesen an. Es ist Loebensteins Ziel, Musik und Lernende zu verstehen und wiederum ein Verständnis für Musik zu vermitteln. Das Klavier bildet hierbei ein „musikpädagogisches Mittel“. Die Verbindung von Musiktheorie, Gehörbildung und Improvisation zielt auf ein „Erschließen des Musikalischen“ und nicht nur auf eine umfassende Beherrschung des Instruments.
Die Tonika-Do-Lehre dient Loebenstein als zentrales methodisches Mittel, um die in der Musik immanenten Bewegungstendenzen, als energetisches Bewegungsgeschehen im Wechsel von Spannung und Entspannung erfahrbar, begreiflich und lebendig zu machen – sowohl im Anfangsunterricht für Klavier als auch in der Vermittlung gregorianischer Gesänge.
Die Lektüre dieses Buchs sei allen Instrumental- und Gesangslehrkräften empfohlen, denn die musikdidaktischen Konzeptionen von Frieda Loebenstein mit ihrem ganzheitlichen Ansatz können heute noch als modern und innovativ betrachtet werden und jeden Unterricht inspirieren.
Silke Kruse-Weber