Letzbor, Gunar

Die Abenteuer des kleinen Clowns

12 vierstimmige Stücke für Schulorchester, Partitur und Stimmen

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Uetz, Halberstadt 2013
erschienen in: üben & musizieren 2/2014 , Seite 56

Clowns gehören zu den Figuren, die Kinder besonders faszinieren. Sie haben mit ihrer Art, in scheinbarer Sinnlosigkeit zu agieren und dabei die Wirklichkeit der „erwachsenen Realität“ zu karikieren, einen besonderen Bezug zur kindlichen Perspek­tive auf diese Realität. Was liegt also näher, als diese Figur auch in der Streicherpädagogik zu nutzen, ist doch die Violine eines der Instrumente, die dem Clown besonders häufig zugeeignet wird.
Eine Neunjährige denkt sich eine fantastische Geschichte über einen kleinen Clown aus, der bei den Menschen ohne Erfolg seine Späße treibt und erst in der surrealen Begegnung mit einer Blume, in die er sich gleich verliebt, seine innere Harmonie wiederfindet. Auch wenn man der Geschichte aus der Feder des Komponisten Gunar Letzbor, bekannt als renommierter Barockgeiger und Violinpädagoge, durch die Übertragung in Sprache, Bilder und Empfindungen der Welt von Erwachsenen die Übersetzung zum Teil anmerkt, verliert sie nichts von ihrem naiven Charme. Als Schlussstück hätte man sich vielleicht eher ein fröhliches Kinderstück als das wehmütige, melancholische Zurückblicken eines Erwachsenen an unbeschwerte Tage der Zeit des Clowns gewünscht.
Die elfjährige Tochter des Komponisten illustrierte die Bilderge­schichte in gelungenen Schwarzweiß-Zeichnungen – leider nur für den Dirigenten in der Partitur abgedruckt – und Gunar Letzbor komponiert zu jeder Episode ein kleines Charakterstück für Schulstreichorchester in abwechslungsreicher motivischer Arbeit. Die kleinen Piècen übertragen die Szenen und Bilder der Geschichte in die eigene Klangsprache von Streichinstrumenten.
Leider fehlen aus streicherpädagogischer Sicht eigene Parts des Kontrabasses und der Viola, beides Instrumente, die in allen Schulorchestern zahlenmäßig mangelhaft vertreten sind. Die dritte Violine, wie in dem vorliegenden Werk, ist dann der Ersatz. Ein streicherpädagogischer Mangel wird so auch in der Inst­rumentierung, selbst bei pädagogischer Literatur, zum gewünschten Normalfall. Für den Fall, dass wohl ausnahmsweise eine Viola vorhanden ist, gibt es allerdings eine Stimmübertragung der dritten Violine. An den Verlag: Warum erhalten Bratschen und Celli nur einen Stimmensatz ohne Coverseite?
Als geglückt betrachte ich die kompositorische musikalische Ausgestaltung der zwölf Bilder unter Berücksichtigung des strei­chertechnischen und musika­lischen Repertoires von Kindern im Alter von Grundschul­orches­tern und der Streicherklassen weiterführender Schulen. Hier dürfte es inzwischen einen großen Bedarf an geeigneter Literatur jenseits von immer neuen, teilweise verstümmelnden Be­arbeitungen längst bekannter barocker Vorlagen geben.
Uwe Gäb