Roth, Barbara

Die Bedeutung von Motivation und Willen für das Üben von ­Instrumenten

Eine Studie zum musikalischen Lernen von älteren Schülern und Schulmusikstudierenden

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Wißner, Augsburg 2012
erschienen in: üben & musizieren 1/2013 , Seite 55

Bei der vorliegenden Arbeit handelt es sich um die Dissertation, die Barbara Roth im Jahr 2010 vorlegte. Es ist in Inhalt, Methode und Stil eine klassische Studie aus dem Feld der Motiva­tionspsychologie. Im Mittelpunkt steht die Frage nach den Motivationen, die das instrumentale Üben zweier Probandengruppen begleiten: InstrumentalschülerInnen aus der Sekundarstufe II und verschiedene Musikstudierende. Insbesondere interessiert die Autorin, ob die „in der psychologischen Forschung beschriebenen Unterschiede zwischen motivationaler und volitionaler Steuerungslage auch beim Üben eines Musikinstrumentes zum Tragen kommen“.
Für die vorliegende Arbeit spricht prinzipiell, dass die Autorin die von ihr angewandten empirischen Methoden detailliert darlegt und zunächst intensiver Kritik unterzieht. Das Bewusstsein, nur Antworten auf Fragen zu erhalten, die man tatsächlich auch stellt, ist bei ihr in hohem Maß ausgebildet, sodass die Studie nicht nur interessante Ergebnisse zeitigt, sondern auch einen Musterfall an kritischer Entwicklung des Fragekatalogs darstellt. Dass man trotz aller Umsicht und sachlichen Breite letztlich Schwer­punkte setzen muss, liegt in der Natur der Sache, doch belegen die Hauptfragen und ihre inhaltlichen Konsequenzen eine bemerkenswerte wissenschaftliche Sensibilität.
Der breite Ansatz führt zu einer Fülle von Haupt- und Nebenergebnissen. Unter „Fazit, musikpädagogische Konsequenzen und Forschungsausblick“ legt die Autorin zu ihrem Kernthema dar, wie verflochten und gewissermaßen dem Augenblick verpflichtet die Motivationsstruktur beim instrumentalen Üben oftmals ist; irrig wäre es zu erwarten, feste Motivationsmuster oder zumindest dominierende Strukturen bestimmten hier das Gesamtbild.
Die besonders interessierende Frage nach der Wirksamkeit motivationaler und volitionaler Kräfte, nach – vereinfacht formuliert – „Lust“, „Unlust“, Selbst­disziplin, Stetigkeit als Ausgangspunkt und Begleiterscheinung des Übens, führt zu einem vielschichtigen Ergebnisbündel. Kaum zu überschätzen ist dabei die akute psychische Befindlichkeit des Schülers bzw. Studierenden während des Übens. Verläuft es „glatt“, scheint das Üben „etwas gebracht zu haben“, so wirkt dieser positive Ausgang letztendlich nachhal­tiger als die psychische Befindlichkeit vor Beginn der Übe­phase.
Große Bedeutung misst die Autorin dem „Flow-Erleben“ bei, einer Verbindung von ertragreichem Übeverlauf und individueller „Absorbiertheit“ durch den Übeprozess, also durch tiefes emotionales Eintauchen in die geübte Musik. Die Studie endet mit der Wiedergabe von Fragebögen und Auswertungstabellen, welche die hier geleistete intensive Forschungsarbeit belegen.
Albrecht Goebel