Waloschek, Maria Anna / Gruhle, Constanze (Hg.)

Die Kunst der Lehre

Ein Praxishandbuch für Lehrende an Musikhochschulen

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Waxmann, Münster 2022
erschienen in: üben & musizieren.research 2023

 

Wie kann Lehre an Musikhochschulen gestaltet werden?


Rezension zu:
Waloschek, M. A. & Gruhle, C. (Hg.) (2022). Die Kunst der Lehre. Ein Praxishandbuch für Lehrende an Musikhochschulen. Münster: Waxmann. 580 Seiten, broschiert, 49,90 €, ISBN: 978-3-8309-4172-9

Rezensentin: Ophelia Euler
Rezension veröffentlicht am: 21.03.2023

1. Einführendes

Die Kunst der Lehre ist im Jahr 2022 im Waxmann-Verlag erschienen. Entstanden ist der Sammelband im Zusammenhang mit dem Zertifikationsprogramm des Netzwerks Musikhochschulen[1] für Lehrende an Musikhochschulen, das im Jahr 2017/18 durchgeführt wurde. Der Entstehung dieses Sammelbandes gingen möglicherweise folgende Fragen voraus: Was kennzeichnet das Lehren und Lernen an Musikhochschulen? Wie kann erfolgreiche (künstlerische) Lehre gestaltet werden? Welches Wissen für die Praxis könnte hierfür in einem Handbuch vertreten werden? Und welche praktischen Impulse können Leser*innen über ein Handbuch vermittelt werden?

Die Herausgeberinnen dieses Handbuchs waren beide als Koordinatorinnen für das Netzwerk Musikhochschulen, das die Förderung von Lehrentwicklung zum Ziel hat, tätig. Die Intention dieser Publikation ist es, Möglichkeiten der Reflexion von Praxis und variantenreiche Impulse zur Gestaltung von Lehrpraxis zu geben und darüber eigene Wege der Gestaltung von Lehre möglicherweise neu zu entdecken (Waloschek & Gruhle, S. 7). Das Handbuch deckt eine Vielfalt an Themen, die auf das Lehren und Lernen im Bereich Musikhochschullehre Bezug nehmen, ab. Über diese Veröffentlichung eröffnen die Herausgeberinnen Möglichkeiten der persönlichen Reflexion von Lehre. Sie liefern einen Anstoß zur Weiterentwicklung von Professionalisierung an Musikhochschulen, die sich auf institutioneller und individueller Ebene zeigen kann.

2. Aufbau und Inhalte des Handbuchs

Das Praxishandbuch ist in sechs Kapitel untergliedert: „Lernen“, „Lehre entwickeln“, „Kommunikation gestalten“, „Lehrkompetenzen reflektieren und vertiefen“, „Prüfen und Bewerten“ sowie „Lehrpraxis konkret“. Die Autor*innen der Beiträge sind in unterschiedlicher Form in die Lehre an Musikhochschulen eingebunden. Sie sind dem wissenschaftlichen, künstlerischen, künstlerisch-pädagogischen bzw. dem künstlerisch-wissenschaftlichen Bereich zugehörig. In den einzelnen, sehr umfangreichen Artikeln werden hochschuldidaktische Themen aus dem Blickwinkel der Praxis ebenso anschaulich wie verständlich betrachtet. Bezüge zur Praxis in Form von Fallbeispielen, methodischen Impulsen und Anlagematerial zur Umsetzung der Themen stehen im Vordergrund. Im Folgenden wird, in enger Anlehnung an die Gliederung des Handbuchs, auf einige Artikel Bezug genommen. Aufgrund des Umfangs der einzelnen Kapitel kann nicht auf jeden einzelnen Beitrag eingegangen werden, die Beiträge werden eher zusammenfassend betrachtet.

2.1 Grundlagen des (Musik-)Lernens

Was kennzeichnet das Musik-(Lernen)? Im ersten Kapitel der Publikation führen Eckart Altenmüller und Michael Dartsch in Grundlagen von Lerntheorien ein. Altenmüller erläutert diese u. a. vor dem Hintergrund von neurophysiologischen und motivationspsychologischen Aspekten beim Lernen (S. 27–39), Dartsch geht insbesondere auf behavioristische, kognitive und konstruktivistische Ansätze ein (S. 55–66). Weiterhin sind Altenmüllers Betrachtungen zu Spezifika des Musiklernens aus neurophysiologischer und motivationspsychologischer Sicht von großer Relevanz. Es kann ein Verständnis für physische und psychische Zusammenhänge und deren Einflüsse auf das Musizieren(-Lernen) entwickelt werden (S. 41–52). In diesen Beiträgen wird Leser*innen Grundlagenwissen für die Praxis vermittelt. Die Artikel geben Leser*innen ohne Vorwissen aus diesem Bereich die Möglichkeit, sich in Kürze in diese Zusammenhänge einzuarbeiten.

Thomas Grosse erläutert in seinem Beitrag die Bedeutung von Lebenslangem Lernen[2] und Weiterbildung für Akteur*innen von Musikhochschulen (S. 85–93). Angesichts eines sich stetig wandelnden Arbeitsmarkts, der permanenten Aktualisierung von Wissen und den damit verbundenen Anforderungen an das Individuum (Gembris, 2021, S. 18ff.; Freund & Nikitin, 2012, S. 271) gewinnt das Lebenslange Lernen in der Ausbildung professioneller Musiker*innen (Gembris, 2021, S. 30) zunehmend an Bedeutung. Nach Grosse müsse die Bedeutung von Lebenslangem Lernen für Studierende bereits in der Lehre verankert und über Vorbilder vermittelt werden. Die Förderung von Lebenslangem Lernen sei verbunden mit einer Veränderung des Lehr-Lern-Verständnisses, bei dem es zum Beispiel um die Förderung von eigenverantwortlichem Lernen und von künstlerischer Selbstständigkeit geht (S. 87).

2.2 Lehr-Lern-Formate und Entwicklung von Lehre

Die Förderung von eigenständigem und selbstverantwortlichem Lernen stehen im Zentrum weiterer Artikel (Stöger & Lion, S. 185–194; Bradler, S. 145–164; Gemmer, S. 167–170). In diesen werden sie im Zusammenhang mit Lehr-Lern-Formaten wie z. B. dem künstlerischen Einzel- und Gruppenunterricht oder dem Ensembleunterricht betrachtet.

Katharina Bradler zeigt Perspektiven von künstlerischem Gruppenunterricht auf und gibt methodische Impulse für die Praxis. Sie weist darauf hin, dass dieser bisher noch wenig curricular verankert und erforscht sei. Dieses Unterrichtsformat könne, ergänzend zum künstlerischen Einzelunterricht, für die künstlerische Entwicklung von Studierenden und die Förderung von kooperativem und selbstständigem Lernen eine wichtige Rolle einnehmen. Die Vermittlung der Perspektiven auf dieses Unterrichtsformat im Rahmen des Handbuchs ist daher bedeutsam (Bradler, S. 164). Einen Überblick über künstlerischen Gruppenunterricht schafft Laurenz Gemmer mit einer grafischen Darstellung mit dem Titel „Gruppenunterricht: Assoziationen, Möglichkeiten. Improvisation“ (S. 169). Gemmers visuelle Darstellung zeigt vielfältig variable Durchführungspraktiken von künstlerischem Gruppenunterricht. In seiner Grafik zeichnet er die Dynamik des Handelns von Lehrkräften im künstlerischen Gruppenunterricht nach. Diese geht einher mit daraus resultierenden sich verändernden Rollen der Lehrenden zu Moderator*innen und Organisator*innen, die diese kreativen Prozesse steuern (Gemmer, S. 169).

Möglichkeiten, sich in verschiedenartigen Lehr-Lern-Formaten weiterzubilden, kann die eigene künstlerische Entwicklung und das selbstverantwortliche Lernen fördern. Bezüglich dessen ist Harals Jers’ Artikel (S. 171–183) über „Methoden im Unterricht von Ensembles“ ein wertvoller Beitrag. Jers erläutert Funktionen von Ensembles an Musikhochschulen, methodische Verfahren und zeigt Zielsetzungen von Ensembleunterricht an Musikhochschulen auf. Diese wären: Berufsfeldvorbereitung sowie musikalische Allgemeinbildung und die Förderung von sozial-kommunikativen und pädagogischen Kompetenzen von Studierenden (Jers, S. 173).

Ein achtsamer Umgang mit dem eigenen Übeverhalten ist Teil der Vermittlung von eigenverantwortlichem Üben, das einhergeht mit der Reflexion des eigenen Übeverhaltens als Teil der künstlerischen Entwicklung und der eigenen Lehre (Altenmüller, S. 244; S. 250–253). Die Auseinandersetzung mit dem eigenen Übeverhalten kann als Bestandteil des Lebenslangen Lernens aufgefasst werden. Altenmüller geht in seinem Artikel auf Formen des Übens und der Selbstfürsorge und den Zusammenhang dieser beiden Aspekte ein. Über Selbstfürsorge, nach Altenmüller die „Fähigkeiten zur Lebensbewältigung“ (S. 249), könne ein positiver Umgang mit Stress gelingen. Seine Betrachtungen zeigen die Bedeutung der stetigen Auseinandersetzung mit eigenen Zielen, Grenzen, Zeitmanagement und Bedürfnissen im Zusammenhang mit der lebenslangen Tätigkeit von Musiker*innen, dem Üben, auf. Leser*innen erhalten praktische Handreichungen für die Reflexion des eigenen Übeverhaltens und der Selbstfürsorge. Altenmüller gibt fundamentale Ratschläge, wie die Wahrnehmung des Übeverhaltens von Studierenden in der Lehre gestärkt werden kann (S. 252f.).

2.3 Digitalisierung in der Musikhochschullehre

Unter dem Leitgedanken der Lehrentwicklung erhalten Lehrende Nutzungshinweise und Anwendungsbeispiele (Rob Maas & Tobias Rotsch, S. 231–242; Moritz Heffter, S. 209–216) für einzelne Lehr-Lern-Tools, die z. B. das Üben stützen, Austausch und Zusammenarbeit ermöglichen und kreative Möglichkeiten für das Komponieren und Arrangieren bieten. Die Autoren stellen Lernplattformen, Software für den digitalen Musizierunterricht und weitere Unterrichtsformate (Blended Learning und Flipped Classroom) vor und gehen auf eine differenzierte Verwendung von digitalen Dingen und Medien in der Lehre ein. Philipp Ahner legt eine wissenschaftliche Einordnung von Begriffen wie Medien und Dinge (Ahner, S. 198) und deren funktionelles Zusammenspiel in didaktischen Prozessen dar (S. 201–203). Dieses anwendungsbezogene Grundlagenwissen wird ebenso verständlich wie praxisnah vermittelt. Hervorzuheben ist, dass dieser Teil, die digitale Hochschullehre, vielfältig und zugleich gebündelt dargestellt wird.

2.4 Aspekte der Kommunikation und Interaktion

Die Ermöglichung von Lernen und die Förderung von künstlerischer Entwicklung ist eng mit den künstlerisch-pädagogischen Beziehungen verbunden, die den unterschiedlichen Lehr-Lern-Formen innewohnen. Im Kontext Musikhochschule spielen Aspekte der Beziehungsgestaltung insbesondere im Zusammenhang mit Lehr-Lern-Formaten wie dem künstlerischen Einzelunterricht (Eins-zu-Eins-Situation) eine wichtige Rolle (Wroblewsky, 2021). Daher ist neben didaktisch-methodischen Ansätzen für die Lehre ein Blick auf künstlerisch-pädagogische Beziehungen und deren Bedeutung für (künstlerische) Lehr-Lern-Prozesse von Wichtigkeit. Paul Deneer geht in seinem Beitrag (S. 287–305) Fragen der Beziehungsgestaltung nach und erläutert die Bedeutung von Selbstkommunikationsprozessen (im Sinne des inneren Dialogs), um auf verinnerlichte Beziehungsmuster schließen zu können.

Die Gestaltung von Beziehung und Wissensvermittlung wirkt u. a. durch Kommunikation (Gnerlich, 2018, S. 97). Barbara Busch merkt in ihrem Artikel an, dass trotz einer asymmetrisch geprägten Beziehungsstruktur Kommunikation symmetrisch (auf Augenhöhe) geführt werden solle. Diese sei Grundlage für die Ermöglichung von Selbststeuerung im Lernen von Studierenden (Busch, S. 268). Eine Orientierung über interkulturelle Kommunikation an Musikhochschulen gibt der Artikel von Ulrike Zillmer-Tantan (S. 311–323).

2.5 Vertiefung und Reflexion von Lehrkompetenzen

Vor dem Hintergrund der eingangs geschilderten Zielsetzung des Handbuchs werden Möglichkeiten der Reflexion von Praxis in folgenden Artikeln dargelegt: Zur Sprache kommen kollegiale Hospitation (Waloschek, S. 421–431), kollegiale Beratung (Gruhle, S. 405–419) und Lehrportfolioarbeit (Waloschek, S. 443–462) sowie Coaching (Gruhle, S. 389–404). Nicola Bunte und Govinda Wroblewsky geben Einblicke in Möglichkeiten der Evaluation von Lehre (S. 355–380). Wozu dient eine Evaluation, wer evaluiert, welche Aspekte der Lehre sollen evaluiert werden und welche Methode ließe sich für eine Evaluation einsetzen? Auf diese Fragen geben die Autor*innen ausführliche Antworten und reichern ihren Artikel mit zahlreichen methodischen Beispielen an (Bunte & Wroblewsky, S. 358–375).

Beratung, die entweder im Lehr-Lern-Handeln zum Tragen kommt oder ein eigenes institutionelles Angebot bildet (Karriereberatung, Studienberatung), stellt eine wichtige Grundlage für die lebenslange Entwicklungs- und Lernfähigkeit sowie für die Begleitung von Selbstlernprozessen[3] von Subjekten dar (Schlüter & Kress, 2017). (Selbst-)Reflexion eröffnet Lehrenden die Möglichkeit, eine weitere Perspektive gegenüber dem eigenen pädagogischen Handeln einzunehmen (Helsper, 2021, S. 138). Diese könne helfen, die eigene Handlungsroutine zu ergründen sowie Krisen zu überwinden (ebd.).

In einigen Artikeln werden konkrete methodische Ansätze für Beratung (Gruhle, S. 405–419) und (Selbst-)Reflexion (Heiden & Russo, S. 219–228; Tumler & Kruse-Weber, S. 557–559) von Lehrkräften präsentiert. Aus diesen Beiträgen wird die enorme Bedeutung von Beratungsformen und Beratung als Teil des pädagogischen Handelns (Giesecke, 2015) für die Lehre an Musikhochschulen deutlich, die in engem Zusammenhang mit Lebenslangem Lernen stehen. Die Förderung von gegenseitigem Verständnis, individueller Weiterentwicklung von Lehre, interdisziplinärer Zusammenarbeit und einem Austausch auf Augenhöhe kann nach Maria Anna Waloschek über kollegiale Hospitation gelingen (S. 425). Dies setzt allerdings auch ein gutes Miteinander von Kolleg*innen voraus und kann daher sicherlich nicht voraussetzungslos durchgeführt werden. Waloschek deutet dies in Form einer durch „Offenheit geprägte[n] Fachkultur innerhalb des Kollegiums“ (S. 430) an.

2.6 Prüfen und Bewerten

Welche Funktionen übernehmen Prüfungen? In welchem Verhältnis stehen diese zum Lernprozess? Wie können Prüfungen (insbesondere unter Beachtung der Bewertung künstlerischer Leistungen) objektivierbar werden? Ausgehend von diesen Fragen erhalten Leser*innen Reflexionsimpulse im Kapitel „Prüfen und Bewerten“. Betrachtet wird in diesem Kapitel die so vielfältig ausfallende Prüfungspraxis an Musikhochschulen. Der Umgang mit Objektivität bzw. Subjektivität und Prüfungskriterien im Zusammenhang mit künstlerischen Leistungen, mit Vorannahmen sowie die Gestaltung und Bedeutung von Rückmeldungen erhalten in der Lehre an Musikhochschulen eine besondere Bedeutung. Wolfgang Lessing legt wohlbegründete Möglichkeiten der Begleitung und Bewertung studentischer Unterrichtspraxis dar. Er geht auf das Verhältnis von Wahrnehmen, Beobachten, Interpretieren und Bewerten sowie auf die Durchführung von Lehrpraxisprüfungen ein (Lessing, S. 506f.). Anne Niessen und Christine Stöger geben fundierte Hinweise, wie das Erstellen von schriftlichen Arbeiten begleitet und in welcher Form Rückmeldung gegeben werden kann (S. 523–528).

2.7 Lehrpraxis konkret: Kreative Ideen aus der Praxis

Am Ende des Sammelbands steht das Kapitel „Lehrpraxis konkret“. In diesem werden Beispiele von besonderen Lehr-Lern-Formaten aus der Praxis vorgestellt. Das Schlusskapitel knüpft somit schlüssig an die Ausführungen in den vorherigen Kapiteln an. Diese Lehr-Lern-Formate der besonderen Art sind z. B. die Schreibwerkstatt Musiktheorie (Sotirianos, S. 547–552) oder das Hörlabor PianOhren (Nam, S. 553–556). Aus diesen Beispielen werden Möglichkeiten für die Erweiterung und Förderung von Kompetenzen seitens der Studierenden beschrieben, die in Zusammenhang mit eigenen Ausdrucksmöglichkeiten stehen. Anja Damianov beschreibt, wie Studierende sich in ihrem Lehrprojekt darin üben, Gehörtes differenziert zu beschreiben und zu verbalisieren (S. 533f.). Im Verhältnis zu den vorherigen Kapiteln fällt dieses Kapitel sehr viel weniger umfangreich aus. Thematisch hätten Best Practice Beispiele in diesem Handbuch etwas mehr Berücksichtigung finden können.

Musikhochschulen stellen eine „vielschichtige disziplinäre Struktur“ dar, in der sich Lehren und Lernen allerdings oftmals „strikt spartenbezogen“ vollzieht (Geuen S. 18). Martina Flatau und Anja Göring erläutern, wie interdisziplinäres Schaffen an Musikhochschulen die Entwicklung von Interpretationskunst fördern kann (S. 539–541). Aus weiteren Artikeln klingen vielfältige Impulse für eine interdisziplinäre Praxis an, die sich sicherlich noch breiterer Umsetzung in der Hochschulpraxis erfreuen darf.

3. Fazit

Während bereits zahlreiche Veröffentlichungen im Bereich der Hochschullehre erschienen sind, wie zum Beispiel das Handbuch Hochschuldidaktik (Kordts-Freudinger et. al., 2022), eine Publikation, die sich an Erstlehrende richtet (Klein & Miljkovic, 2019) oder der Band Lehren an der Hochschule (Osterroth, 2018), stellt dieses Handbuch ein Novum für die Lehre an Musikhochschulen dar (Waloschek & Gruhle, S. 7). Das Praxishandbuch vermittelt ein musikspezifisches hochschuldidaktisches Grundlagenwissen und deckt ausgehend von der Prämisse des Lebenslangen Lernens eine Vielfalt an Themen ab. Darüber hinaus werden Perspektiven – und dies ist ein besonderer Gewinn – für die Zukunft der Lehre aus einigen Beiträgen sichtbar (z. B. Kapitel „Lehrpraxis konkret“ sowie Kapitel „Lehre entwickeln“). Die einzelnen Themen werden durch Praxis- und Fallbeispiele, Anlagematerial (z. B. QR-Codes, Fragebögen) und weiterführende Empfehlungen in Form von Literaturangaben und Videomaterial angereichert. Vielfältige Möglichkeiten der individuellen Reflexion von Lehre werden gegeben. Dies entspricht den Zielsetzungen, die die beiden Herausgeberinnen mit dem Handbuch verfolgten. Positiv hervorzuheben ist zudem die umfangreiche Zusammenstellung an Weiterbildungsmöglichkeiten für Lehrkräfte, geordnet nach themenspezifischen sowie nach allgemeineren Angeboten. Die praktische Handhabung des Handbuchs betreffend würden systematische Zusammenfassungen der wichtigsten Aspekte einzelner Artikel eine alltagstauglichere Handhabung, kurzzeitige Einarbeitung und die Zugänglichkeit von Themen erleichtern. In diesem Sinne hätte auch ein beigefügtes Sachwortregister ergänzt werden können. Der enorme Umfang dieses Sammelbandes kann Leser*innen möglicherweise von einer ebenso neugierigen wie selbstkritischen Auseinandersetzung mit der eigenen Kunst der Lehre abschrecken. Dennoch: Mit der Herausgabe dieses Handbuchs geben Maria Anna Waloschek und Constanze Gruhle längst überfällige Impulse, das Lebenslange Lernen und die individuelle Lehrentwicklung von Lehrenden an Musikhochschulen anzuregen.

Literaturverzichnis
Brödel, R., Nettke, T. & Schütz, J. (2014). Lebenslanges Lernen als Erziehungswissenschaft – über dieses Buch. In R. Brödel, T. Nettke & J. Schütz (Hg.), Lebenslanges Lernen als Erziehungswissenschaft (S. 11–29). Bielefeld: wbv.
Freund, A. M. & Nikitin, J. (2012). Junges und mittleres Erwachsenenalter. In W. Schneider & U. Lindenberger (Hg.), Entwicklungspsychologie (S. 271). Weinheim: Beltz.
Gembris, H. (2021). Lebenslanges Lernen in der Musik. Eine Einführung. In H. Gembris, S. Herbst, J. Menze & T. Krettenauer (Hg.), Lebenslanges Lernen in der Musikpädagogik. Theorie & Praxis (S. 17–35). Münster: LIT.
Geuen, H. (2022). Was bedeutet „Professionalisierung der Lehre“ an Musikhochschulen? – Einführung. In M. A. Wolschek & C. Gruhle (Hg.), Die Kunst der Lehre. Ein Praxishandbuch für Lehrende an Musikhochschulen (S. 17–24). Münster: Waxmann.
Giesecke, H. (2015). Pädagogik als Beruf. Grundformen pädagogischen Handelns (12. Aufl.). Weinheim: Beltz.
Gnerlich, M. (2021). Haltung (K)Ein hochschuldidaktischer Topos?! Eine systemisch-konstruktivistisch inspirierte Annäherung an einen marginalisierten Aspekt von Hochschullehre. Der pädagogische Blick, 29(2), 94–105.
Heiden, M. (2018). Videoreflexion im künstlerischen Einzelunterricht an Hochschulen. Münster: Waxmann.
Helsper, W. (2021). Professionalität und Professionalisierung pädagogischen Handelns: Eine Einführung (S. 138). Opladen: Budrich.
HfM Detmold (2022). Netzwerk 4.0. https://www.hfm-detmold.de/die-hochschule/einrichtungen/netzwerk-40/ [Zugriff am 25.02.2023].
Klein, A. & Miljkovic, N. (2019). Mein Start in die Hochschullehre. Ratgeber für Erstlehrende. Bern: Haupt.
Kommission der Europäischen Gemeinschaften (2000). Memorandum über Lebenslanges Lernen: Arbeitsdokument der Dokumentationsdienststellen. die-bonn. http://www.die-bonn.de/id/745 [Zugriff am 25.02.2023].
Kordts-Freudinger, R., Schaper, N., Scholkmann, A. & Szczyrba, B. (Hg.) (2021). Handbuch Hochschuldidaktik. Stuttgart: UTB.
Kress, K. (2017). Bildungsberatung als Begleitung von Selbstlernprozessen in Entfaltungs- und Veränderungssituationen. In A. Schlüter & K. Kress (Hg.), Methoden und Techniken der Bildungsberatung (S. 24–36). Opladen: Budrich.
Osterroth, A. (2018). Lehren an der Hochschule. Stuttgart: Metzler.
Pätzold, Henning (2010). Lebenslanges Lernen. In R. Arnold, S. Nolda & E. Nuissl (Hg.), Wörterbuch Erwachsenenbildung (2. Aufl.) (S. 183). Bad Heilbrunn: Klinkhardt.
Schlüter, A. (2017). Zusammenfassung. In A. Schlüter & K. Kress (Hg.), Methoden und Techniken der Bildungsberatung (S. 37). Opladen: Budrich.
Schlüter, A. & Kress, K. (2017). Methoden und Techniken der Bildungsberatung. Opladen: Budrich.
Waloschek, M. A. & Gruhle, C. (2022). Editorial. In M. A. Waloschek & C. Gruhle (Hg.), Die Kunst der Lehre. Ein Praxishandbuch für Lehrende an Musikhochschulen (S. 7). Münster: Waxmann.
Wroblewsky, G. (2021). Gutes Lernen im künstlerischen Einzelunterricht. Eine qualitative Interviewstudie mit Studierenden an Musikhochschulen. Hildesheim: Olms.

Ophelia Euler
Hochschule für Musik Carl Maria von Weber Dresden
Wettiner Platz 13
01067 Dresden
Deutschland
E-Mail: ophelia.euler@mailbox.hfmdd.de
Forschungsschwerpunkte: Erwachsenenbildung und Musikpädagogik

[1] Im Jahr 2012 wurde das Netzwerk Musikhochschulen gegründet, dem derzeit 18 Netzwerkhochschulen angeschlossen sind (HfM Detmold, 2022). Zur Zielsetzung des Netzwerks gehören Lehrentwicklung und Qualitätsmanagement sowie aktuell, „Potenziale der Digitalisierung für Lehre und Studium an Musikhochschulen gemeinsam zu erschließen“ (HfM Detmold, 2022).
[2] Das Lebenslange Lernen bezeichnet den Vorgang des Lernens während der gesamten Lebensspanne (Pätzold, 2010, S. 183). Nach Rainer Brödel et al. bedeutet Lebenslanges Lernen „in einer vorläufigen Annäherung, dass sich der moderne Mensch nach Abschluss von Schule und einer ersten beruflichen Qualifikation, z. B. durch ein Studium oder eine Berufsausbildung über die gesamte verbleibende Lebensspanne in einem Gewebe weiteren Hinzulernens sowie ständiger Selbstbildung befindet“ (Brödel, 2014, S. 11; zit. nach Brödel, 2009). Zentral für die Bedeutung und Definition dieses Begriffs ist das Memorandum über das Lebenslange Lernen der Kommission der Europäischen Gemeinschaften aus dem Jahr 2000. Ziel des Lebenslangen Lernens laut der Kommission ist die „Förderung der aktiven Staatsbürgerschaft und Förderung der Beschäftigungsfähigkeit“ (Kommission der Europäischen Gemeinschaften, 2000, S. 6).
[3] Beratung nach Schlüter & Kress zielt auf darauf ab, Hilfe zur Selbsthilfe zu geben und damit Selbstlernprozesse anzuregen (Schlüter, 2017, S. 37) sowie Selbstlernkompetenz zu fördern (Kress, 2017, S. 36). Über Beratung könne ermöglicht werden, „Wissen in Handlung“ zu übertragen (Kress, 2017, S. 51).