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Herrmann, Michael

Die Musikschule als Dealer

Umsatz erhöhen durch Verkauf von Musikinstrumenten und Zubehör, Teil 1

Rubrik: musikschule )) DIREKT
erschienen in: üben & musizieren 5/2016 , musikschule )) DIREKT, Seite 06

Es hört sich so gut an: Wenn ich einen ­eigenen Laden hätte, könnte ich Instrumente günstiger einkaufen – zum EK („Einkaufspreis“) sozusagen. Was ich da sparen könnte! Und wenn ich dann meinen Schülern auch noch Instrumente und Noten verkaufe, kann ich noch mehr Geld verdienen. Doch was ist dran an diesen Überlegungen? Lohnt es sich wirklich, als Musikpädagoge unter die Einzelhändler zu gehen? Und wie genau stellt man das an? Michael Herrmann gibt Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Viele meinen, eine Gitarre, die im Verkauf 1000 Euro kostet, sei im Einkauf für etwa 200 Euro zu haben. Tatsächlich ist z. B. bei Kleidung eine Marge von 70 bis 80 Prozent üblich. Das heißt, eine Hose, die im Verkauf 100 Euro kostet, liegt im Einkauf bei etwa 20 bis 30 Euro. Wenn eine Boutique also 5000 Euro Umsatz im Monat macht, so bleiben etwa 3500 Euro für den Inhaber übrig. Ein ganz ordentlicher Schnitt.
Ganz anders sieht es bei Instrumenten aus: Eine Gitarre, die für 1000 Euro verkauft wird, kostet im Einkauf meist zwischen 850 und 950 Euro. Um ähnlich wie in der Bekleidungsbranche 3500 Euro Gewinn zu erzielen, müsste der Betreiber eines Musikgeschäfts also einen Umsatz von etwa 25000 Euro erwirtschaften.
Die Geschäftslage der Branche ist schwierig. Das war nicht immer so. In Zeiten vor den großen Internet-Shops war der Verkauf von Musikinstrumenten, Noten und Zubehör durchaus rentabel. In den vergangenen 30 Jahren jedoch hat sich die Zahl der Musikfachgeschäfte in Deutschland dramatisch reduziert: Waren es im Jahr 2004 noch 2342 Läden, so gab es 2013 (neuere Zahlen liegen noch nicht vor) gerade mal 1922 Fachhändler, von denen die meisten zäh ums Überleben kämpfen. Der Grund ist einfach: Durch die zahlreichen Internet-Shops werden die Verkaufspreise immer weiter gedrückt, bis die Gewinnmargen nahe null liegen. Die Gewinne werden dann über Masse erzielt.

Ein Musikgeschäft eröffnen

Es gibt dennoch Wege, wie eine Musikschule oder eine Musiklehrkraft ihren Gewinn durch den Verkauf von Musikinstrumenten, Zubehör und Noten erhöhen kann. Wie Sie aus den bisherigen Zeilen entnehmen können, ist es momentan wirtschaftlich nicht sinnvoll, ein Musikgeschäft im klassischen Sinne aufzubauen – ganz abgesehen davon, dass viele Musikschulen bereits an einfachsten Hürden scheitern werden. In der Regel ist es nämlich so, dass Großhändler nicht jeden X-beliebigen, der einen Gewerbeschein vorlegen kann, beliefern.
Branchenüblich ist folgendes Vorgehen: Nachdem ein potenzieller Betreiber eines Musikgeschäfts auf dem Gewerbeamt war und dort seinen Gewerbeschein beantragt hat, kontaktiert er die größten Großhändler und bittet darum, dass sie ihn beliefern. Nachdem er bei den jeweiligen Großhändlern zahlreiche Formulare (sogenannte „Selbst-Auskünfte“) ausgefüllt hat, schicken diese nach eingehender Prüfung einen Außendienstmitarbeiter vorbei, der den neuen Laden begutachten soll. Hier tut sich die größte Hürde für Musikschulen und Instrumentallehrkräfte auf: Die meisten Großhändler bestehen darauf, dass Sie Ihre Waren in einem „typischen Laden­geschäft“ verkaufen.
Unter einem typischen Ladengeschäft verstehen die Großhändler üblicherweise ­einen von der Straße aus zugänglichen Raum, der über ein Schaufenster verfügt und ausschließlich für den Verkauf von Musikalien gedacht ist. Außerdem sind feste, branchenübliche Öffnungszeiten Pflicht. Wer also nur wenige Stunden pro Woche seinen Laden öffnen möchte, hat schlechte Karten. Zu guter Letzt fordern die Großhändler, dass nur qualifiziertes Personal im Verkauf tätig ist. Schließlich soll jemand, der eine Gitarre verkaufen will, diese auch adäquat vorführen können.
Die meisten Musikschulen werden sich schwer tun, bereits die erste Voraussetzung zu erfüllen, nämlich den Verkaufsraum mit Schaufenster. Keine Sorge – Sie müssen jetzt nicht aufhören zu lesen. Später beschreibe ich auch alternative Wege. Wer hingegen über einen Verkaufsraum verfügt, kann sich der letzten Hürde auf dem Weg zum Musikgeschäft annehmen: der Erstbestellung.

Erstbestellung

Viele Großhändler haben ein Interesse daran, dass aus ihrem Sortiment ein bestimmter Mindestbestand an Waren in Ihrem Geschäft vorhanden ist. Ein Großhändler für Gitarren beispielsweise erwartet, dass mindestens zwei oder drei Gitarren jeder Marke seines Verkaufsprogramms im Ausstellungsraum vorhanden sind. Somit wird die Erstbestellung gut und gerne 2500 Euro pro Großhändler ausmachen – eine Größenordnung, die man sich angesichts der unzähligen Großhändler verdeutlichen sollte.
Den Großhändler auszutricksen, indem man einmal für seine Freunde günstig einkauft, um danach nur noch gelegentlich für Schülerinnen und Schüler einzelne Inst­rumente zu bestellen, funktioniert übrigens nicht: Ein Musikgeschäft erhält regelmäßig (alle paar Wochen) Besuch von einem Außendienstmitarbeiter, der zum einen über neue Produkte informiert, neue Techniken schult und Spezialwissen vermittelt, zum anderen aber auch kontrolliert, ob jederzeit genügend Vorführmodelle im Ausstellungsraum vorhanden sind und gegebenenfalls zu einer Nachbestellung drängt unter Androhung der Auflösung des Liefervertrags.

Die richtigen Großhändler ­finden

In der Branche gibt es nicht viele große Großhändler, die meisten liefern bestimmte Mar­ken exklusiv aus. Die Branchenführer, um die man nicht herumkommt, sind GEWA, Meinl, Musik Meyer, Yamaha, Knauer sowie EMD Music.

Diese Großhändler sind wählerisch, wen sie beliefern, haben alle ein Netz an Außendienstmitarbeitern und bedienen zusammengerechnet etwa 80 Prozent des Markts. Die meisten kleineren Großhändler, die keine eigenen Außendienstler haben, verlangen in der Regel Nachweise, dass Sie bei den „Großen“ einkaufen, damit sie Sie beliefern. Wer von den größten Großhändlern beliefert wird, kann auch von den kleinen beliefert werden. Andersherum funktioniert es leider nicht. Die Strategie sollte also immer sein: Versuchen Sie zuerst, bei den Branchenführern gelistet zu werden und wenden Sie sich an die kleinen erst im Anschluss.

Und ohne Ladengeschäft?

Viele Lehrkräfte und Musikschulen werden vermutlich gar nicht beabsichtigen, ein Ladenlokal anzumieten, sondern sie würden gerne für ihre Schülerinnen und Schüler ein geeignetes Instrument besorgen und dafür eine kleine Provision erhalten. Für diesen Fall gibt es elegante Lösungen über sogenannte „Partner-Shops“. Angebote gibt es nicht viele, aber eines mit interessanten Konditionen stammt vom Musikhaus Müller in Daun – das ich stellvertretend nennen möchte.
Bevor ich näher auf dieses Angebot eingehe, möchte ich kurz zusammenfassen, warum es in den meisten Fällen für Musiklehrkräfte oder eine Musikschule keinen Sinn macht, einen eigenen Laden zu eröffnen. Das aus betriebswirtschaftlicher Sicht schwerwiegendste Argument sind die ­extrem kleinen Margen, die beim Verkauf von Musikinstrumenten vorherrschen. Wer sich in Unkosten gestürzt hat und eine Auswahl der gängigsten Gitarren in seinem Laden anbietet, wird in der Regel Monate benötigen, um diese wieder abzuverkaufen.
Um – sagen wir mal – 1000 Euro Gewinn mit dem Verkauf von typischen Einsteiger-Gitarren im Verkaufspreis-Bereich von et­wa 200 bis 250 Euro zu erwirtschaften, müssen Sie ca. 25 bis 30 Gitarren verkaufen, wobei Sie immer Gitarren im Gegenwert von besagten 1000 Euro in Ihrem Laden hängen haben müssen. Selbst wenn Sie an Ihre Schülerinnen und Schüler im Monat etwa ein bis zwei Gitarren verkaufen, haben Sie frühestens nach zwei Jahren Ihre Investition von 1000 Euro wieder drin. Während dieser Zeit ist Ihr Kapital allerdings an die Gitarren gebunden. Und was die meisten nicht bedenken: Sie haben mit Sicherheit genau die Gitarren für Ihre Ausstellung gekauft, die Ihre Kunden eben nicht wollen, und müssen die Modelle für Ihre Kunden gesondert bestellen. Die Gefahr, dass Sie einen Ladenhüter haben, ist leider groß.
Praktischer ist da schon das „Durchreiche-Geschäft“ mit Partner-Shops. Das erwähnte Musikhaus Müller bietet beispielsweise Ihrer Musikschule Einkaufskonditionen, die durchaus interessant sind: Angenommen, Sie möchten für einen Schüler ein Instrument besorgen, so können Sie dies über einen speziell für Sie eingerichteten Zugang bestellen (Infos zum Partner-Shop-System erhalten Sie unter dieser e-mail-Adresse: hk@musikhaus-mueller.de). Das Instrument kommt in den nächsten Tagen zu Ihnen ins Haus und Sie verkaufen das Instrument weiter an Ihren Schüler.
Die kleine Provision, die Sie dazurechnen sollten, ist in diesem Fall gerechtfertigt: Immerhin haben Sie sich als Vermittler des Geschäfts umfassend über das Instrument und seine Konkurrenz-Produkte informiert und den Schüler entsprechend beraten. Sollte einmal ein Garantiefall eintreten, funktioniert dies einfach rückwärts: Der Schüler reklamiert den Garantiefall bei Ihnen, Sie wiederum reklamieren beim Internet-Shop.

In der kommenden Ausgabe beleuchtet Michael Herrmann die recht­liche und die moralische Seite der Instrumentenbesorgung für Schüler, warnt vor Steuer-Fallen und gibt Tipps, wie Sie mit einem Reparatur­service Geld verdienen können.