Raubach, Heiko / Sandor Kovacs
Die Trompetenschule
mit CD
Betrachtet man die Entwicklung des Lehrmaterials für Blechbläser in den vergangenen Jahrzehnten, so lässt sich ein eindeutiger Trend weg von der Stücke- und Etüdensammlung – wie z. B. die Schlachtrösser Arban und Schlossberg – hin zu pädagogisch orientierten Veröffentlichungen feststellen. Der Vorteil liegt klar auf der Hand: Je besser die relevanten Sachverhalte erklärt sind, umso weniger hängt der Erfolg von der oft spärlichen Zeit in der Unterrichtsstunde ab. Zudem eignen sich diese neuen Schulen auch sehr viel besser zum Selbststudium.
Was die Neuerscheinungen der vergangenen Jahre auszeichnet, ist die Integration sportwissenschaftlicher Erkenntnisse. In einer Zeit, in der Kinder durch die Schule immer weniger Verfügungszeit haben, ist es wichtig und hilfreich, Trainingsmethoden zu kennen, die helfen, den Zeitaufwand zu optimieren. Heiko Raubach und Sandor Kovacs haben diesen bläserpädagogischen Aspekten in einem ausführlichen Vorwort Rechnung getragen. Die folgenden 20 Lektionen führen den Schüler oder die Schülerin auf nachvollziehbare Weise in Bläsertechniken wie auch in Grundlagen der Musik ein. Dabei wird auf eine große stilistische Bandbreite Wert gelegt, die vom Volkslied bis zur Bigband reicht. Die beiliegende CD ist gut produziert und sinnvoll eingesetzt.
Durch die Fülle derartiger Publikationen in den vergangenen Jahren wird es allerdings zunehmend schwerer, sich nicht nur inhaltlich, sondern auch strukturell und layouttechnisch von schon vorhandenen Schulen abzusetzen. Dies gelingt den beiden Autoren insbesondere durch den umfangreichen Anhang, der neben Formularen zur Erstellung von Trainingsplänen einen Überblick über die wichtigsten Basisübungen gibt, sodass sich diese wichtigen Übungen nicht in den Lektionen verlieren. Vom „Buzzing“ mit dem Mundstück über Pedaltöne, Naturtonbindungen, Stoßübungen, Rhythmusstudien bis hin zu Tonleitern wird gezeigt, worum es geht, aber auch, wo es hingeht. Auf diese Weise regt diese Schule zum Weitermachen an. Es liegt auf der Hand, dass man zur Vertiefung noch weiteres Spielmaterial brauchen wird.
Ganz auf die Gedanken- und Erfahrungswelt der Kleinen zugeschnitten ist die Schule von Bernhard Schumacher. Dies stellt einen fundamentalen Unterschied zur Schule von Raubach/Kovacs dar: War dort noch die Rede von modernen bläserpädagogischen Trainingsmethoden, so wurde stillschweigend von einer verstandesmäßigen Verarbeitung ausgegangen. Dies ist in der Regel erst ab dem Teenageralter zu erwarten. Davor, insbesondere wenn Lesen und Schreiben erst erlernt wird, ist ein spielerischer, im wahrsten Sinne des Wortes „begreifender“ Ansatz notwendig. So werden Kinder von Schumacher auf spielerische, aber eben nicht kindische Weise an Musik und Trompete herangeführt.
Sehr lobenswert erscheint der Ansatz, nicht C-Dur als die Mutter aller Tonräume zu definieren, sondern gleich von Anfang an mit der Chromatik zu beginnen. Auf diese Weise wird dem Gedanken vorgebeugt, Vorzeichen seien schwer. Jeder neue Ton wird mit Übungen und Liedern eingeübt, wobei viele Illustrationen die an sich trockene Materie auflockern. Hier erweist sich die beigelegte CD als integraler Bestandteil. Wunderbar realistisch sind die ersten Tracks, die die ersten Schritte mit dem Instrument illustrieren, von den ersten, schrägen Tönen und die darauf folgende Reaktion der Mutter bis zu Hörbeispielen auf dem Mundstück.
Schumacher wendet sich im Vorwort auch explizit an die Eltern, um ihnen ihre doch sehr wichtige Rolle in diesem Prozess zu erläutern. Wer sich auf diese Schule einlässt, erkennt sehr schnell, dass hier jemand mit viel Liebe zur Musik und zu denen, die sie erlernen und erleben wollen, seine Lehrerfahrungen zu Papier gebracht hat. Ein ganzheitlicher Ansatz, der sich sicherlich nicht nur auf die Kleinen beschränkt. Bleibt zu hoffen, dass Band 2 möglichst bald folgt.
Mathias Engl