Smith, Paul

Die Voces8-Methode

Der musikalische Senkrechtstart in den Schulalltag – für Stimme, Geist und Körper

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: C. F. Peters, Frankfurt am Main 2014
erschienen in: üben & musizieren 1/2015 , Seite 50

Paul Smith, Sänger im Vokalensemble Voces8, Komponist, Arrangeur und Gründer und Geschäftsführer der Stiftung Voces Cantabiles, ist offenkundig ein viel beschäftigter und erfolgreicher Mann. Er stellt mit seiner Veröffentlichung eine über mehrere Jahre entwickelte und erprobte Methode vor, „um Schüler mit einfachen musikalischen Elementen spielerisch auf das Lernen vorzubereiten“. Der Autor möchte damit Körper, Geist und Stimme wecken, die „zent­rale Lernfähigkeit“ fördern und entwickeln „und somit bewusst und unbewusst einen positiven Einfluss auf den gesamten schulischen Lernprozess“ ausüben. Smith gründet seine Methode u. a. auf eigene Erfahrungen und auf Ergebnisse von Susan Hallam, die im Londoner Institute of Education nachgewiesen hat, dass bestimmte musikalische Aktivitäten positive kognitive Auswirkungen haben.
In acht Kapiteln wird der Bogen von Warm-ups zu Pop Beat genannten Patterns mit afrikanischen, lateinamerikanischen, asiatischen und indischen Rhyth­men bzw. Skalen oder „Wendungen“ gespannt. Sie stellen das Material dar, das in verschiedenen Patterns mit steigendem Schwierigkeitsgrad durch Body Percussion (Klatschen, Schnipsen usw.) oder perkussive Stimmäußerungen (Vocal Percussion wie „cha“) klanglich realisiert wird. Grundprinzipien sind u. a. der Wechsel von Vormachen und Nachahmen durch die Gruppe, die Variation in Tempo und Lautstärke auf Handzeichen hin und der Gebrauch der Solmisation für das Anzeigen der Tonhöhe.
Die Übungen werden detailliert dargestellt, an die Stelle von Noten tritt eine „Ersatznotation“ in Form farbig unterlegter Felder, die den Zählzeiten im zumeist geraden Takt entsprechen. Die Zählzeiten (Viertel und gegebenenfalls Achtel) sind jeweils in einer Zeile notiert und darunter entsprechend die Sounds oder Töne, die auf dieser Zählzeit ausgeführt werden sollen.
Genau ausformulierte Sätze – stets in vertraulicher Du-Form – und das große Schriftbild sorgen dafür, dass auch Unerfahrene, musikalisch kaum Vorgebildete die Übungen anleiten können. Über die acht Kapitel gelangt man schließlich zu mehrstimmigen Übungen. QR-Codes und Tastaturbilder runden das Angebot an Hilfen ab.
So schlüssig das Konzept einerseits erscheint, so muss doch gefragt werden, ob der Aufwand und das relativ magere musika­lische Ergebnis im rechten Verhältnis zueinander stehen. Eigentlich geht es „nur“ um eine Art des Einschwingens, des Groovens in der Gruppe mit eher schlichten Rhythmen und einem sehr begrenzten Tonmaterial (zwei bis vier Töne!). Die Methode stellt ein „geschlossenes Curriculum“ dar, das dem Leiter und der Gruppe nur wenig Freiheiten lässt. Ob dabei wirklich die Gruppe „vereint“ wird und „ein Gespür für Teamwork, Erfüllung, Erfolg und Ausdrucksfähigkeit“ begründet wird, ist nicht unbedingt als zwingend anzusehen.
Wolfgang Koperski