Ernst, Anselm

Die zukunftsfähige Musikschule

Eine Einführung in die Musikpädagogik für Musikschullehrkräfte

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Nepomuk, Aarau 2006
erschienen in: üben & musizieren 4/2006 , Seite 64

Ihre Zukunftsfähigkeit ist für die Musikschule als eigenständige Institution in Zeiten knapper Haushaltsmittel eine zentrale, wenn nicht die zentrale Frage, sofern es um ihren Fortbestand geht. Das Buch von Anselm Ernst möchte einen Beitrag zur Existenzsicherung und Weiterentwicklung der Musikschulen leisten, und zwar auf eine unkonventionelle Art und Weise: Nicht nur in einer effektiveren Organisation und einem verbesserten Management oder einer intensiveren Öffentlichkeitsarbeit sieht er die Chance der zukunftsfähigen Musikschule, sondern in einer kreativen Weiterentwicklung der geistigen Existenzgrundlage, welche sich insbesondere manifestiert in einer Steigerung der musikpädagogischen Professionalität der Lehrkräfte.
Eine qualifiziertere Unterrichtspraxis ist nur zu leisten, wenn durchdachte und innovative Konzeptionen zu Grunde liegen, die pädagogische Spielräume nutzen. Deshalb versteht sich das Buch auch als eine Einführung in die musikschulspezifische Instrumental- und Vokalpädagogik, welche neben bewährtem didaktischen und methodischen Wissen auch flexibel kombinierte Unterrichtsformen aus Einzel- und Gruppenunterricht inklusive Ensemblespiel, neue Gedanken zur musikalischen Frühförderung einschließlich frühem Beginn des Instrumentalunterrichts, eine Ausweitung des Adressatenkreises (Kleinkinder, Behinderte, Erwachsene, Senioren, Migranten) sowie Begriffe aus der Musikpsychologie wie Musikalität und musikalische Entwicklung einschließlich ihrer pädagogischen Relevanz vorstellt.
Abgerundet wird die Darstellung durch den Versuch, die Musikschule als in die jeweils lokalen Bedingungen und Erfordernisse eingelagerte Bildungsinstitution und nicht als modernes Dienstleistungsunternehmen in der allgemeinen Bildungsdiskussion zu verankern. Zentrale Leistungen einer Bildungsinstitution wie Kommunikationsqualität, Unterrichtsqualität und Innovationspotenzial hängen in erster Linie von der pädagogischen Professionalität der Lehrkräfte ab, was die obige These, dass die professionelle pädagogische Arbeit und die Legitimation der Musikschule aufs Engste miteinander zusammenhängen, ein weiteres Mal bestätigt.
Anselm Ernst gelingt es überzeugend, die auf den ersten Blick scheinbare Diskrepanz zwischen Titel und Untertitel zu überwinden und beide Bereiche zu einem schlüssigen Konzept zur Weiterentwicklung der Musikschule zusammenzuführen. So ist das Buch insbesondere für LeiterInnen und Lehrkräfte an Musikschulen sowie für Studierende, die an Musikschulen arbeiten wollen, sehr lesenswert. Lohnend ist die Lektüre aber auch für interessierte Eltern und SchülerInnen sowie für Verantwortliche in den Verwaltungen und in der Politik, die über die Finanzausstattung und den Fortbestand der Musikschulen mitentscheiden, denn das Bewusstsein für den großen gesellschaftlichen Wert von Musikschulen sollte möglichst breit in der Bevölkerung verankert werden.
Martin D. Loritz