Graf, Wolfram
Drei aulische Gesänge
für drei Flöten
Wolfram Graf (*1965) bereichert die zeitgenössische Literatur für Querflöte von Piccolo bis Bassflöte und verschiedenen kammermusikalischen Besetzungen seit Jahren mit seinen Kompositionen. Er studierte neben Klavier, Orgel und Komposition auch Musikwissenschaft, Religionswissenschaft und Ethnologie. Heute lehrt Graf an der Hochschule für evangelische Kirchenmusik in Bayreuth Komposition und leitet die international etablierte Konzertreihe „Zeit für Neue Musik“ in Bayreuth.
In seinem mehr als 300 Werke umfassenden Œuvre, in dem er die unterschiedlichsten Gattungen bespielt, beschenkt er kein anderes Holzblasinstrument mit derart vielen Kompositionen. Sehr erfreulich ist es deshalb, dass seine Aulischen Gesänge für drei Flöten op. 150 nun im Rahmen der „Jahresgabe 2021 für die Mitglieder des Vereins FREUNDE DER QUERFLÖTE E. V.“ vom Musikverlag Zimmermann einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden.
Der Titel verweist auf die griechische Antike. Der Aulos ist ein antikes Rohrblattinstrument und besteht typischerweise aus zwei zylindrischen Röhren aus Schilfrohr mit Grifflöchern, die v-förmig gehalten und geblasen wurden. Auf diese Weise war es möglich, mit gleichem Klangcharakter mehrstimmig zu musizieren. Entstanden sind die drei kontrastreichen Sätze, die auch einzeln aufführbar sind, im Jahr 2006 für den Mathematiker und Musiker Jürgen Werner aus Sindelfingen.
Die drei Flötenstimmen bewegen sich in einem Tonraum von c’ bis a”’, kommen ohne moderne Spieltechniken aus und begegnen sich spieltechnisch durchwegs auf Augenhöhe. Der erste Satz beginnt mit der Spielanweisung „sanft bewegt“ und einem lyrischen Motiv im 7/8-Takt, das sich gekonnt durch alle drei Flötenstimmen webt und den weiteren musikalischen Verlauf des Stücks prägt. Die recht häufigen Taktwechsel laden Ensembles dazu ein, sich in ihrem gemeinsamen Pulsempfinden intensiv miteinander zu verbinden und den im Werk angelegten weich fließenden, kommunikativen Charakter herauszuarbeiten.
Ein deutlicher Farbwechsel geschieht im zweiten Satz, der mit der Spielanweisung „energisch, nicht schnell“ bezeichnet und recht homofon gehalten ist. Die Flöten erklingen hier in spitzen, homofon und vorwiegend im lombardischen Rhythmus gesetzten Attacken und bilden zu dritt spannungsreiche Akkordfolgen. Der dritte Satz ist kontrapunktisch angelegt und bietet ein Wechselspiel zwischen virtuosen und gesanglichen Passagen.
Die Tempi der Sätze sind zwar mit Metronom-Zahl angegeben, der Komponist weist aber im Vorwort darauf hin, dass sie je nach Interpretation frei gewählt werden dürfen. Auch mögliche Kürzungen sind im Notenmaterial angezeigt, das aus einer Partitur und drei Einzelstimmen besteht. In den beiden Rahmensätzen kann die dritte Flötenstimme alternativ auch mit einer Altflöte besetzt werden, deren Stimme separat beim Musikverlag erhältlich ist.
Corina Nastoll