Gershwin, George

Drei Preludes

für Fagott und Klavier. Bearbeitete Fassung von Heike Roloff

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Roloff, Waldbröl 2019
erschienen in: üben & musizieren 6/2019 , Seite 60

Haben Sie was Jazziges? Diese Frage taucht vermutlich in jedem Fagottunterricht von Zeit zu Zeit auf. Entsprechende Literatur gibt es glücklicherweise aus neuerer Zeit für alle Spielniveaus. Aber die Musik der Goldenen Zwanzigerjahre mit den wunderbaren Melodien und Tänzen vom Broadway fehlt für solistisches Fagott weitgehend.
In diese Lücke springt Heike Roloff mit ihrer Bearbeitung der drei Klavier-Preludes von Geor­ges Gershwin für Fagott und Klavier. Sie sind im kleinen Verlag Roloff erschienen, dessen Inhabern das spielerische und improvisierende Kreativ-Werden am Herzen liegt.
Gershwin hatte vor, nach dem Vorbild Bachs und Chopins 24 Preludes im Jazz-Stil zu komponieren, eines in jeder Tonart. Realisiert hat er fünf, veröffentlicht im Jahr 1927 die vorliegenden drei. Zu dieser Zeit verdiente er mit seiner Musik in New York schon sehr viel Geld und wurde von seinen Kollegen darum beneidet.
Für alle drei Preludes hat Heike Roloff die Originaltonarten B-Dur, cis-Moll/Fis-Dur und es-Moll beibehalten. Die Nummer 1 wird eröffnet von einem Fünfton-Ausruf im Fagott, der die Basis lebhaften Fortgangs bildet. Angefeuert von einem brasilianischen Baião-Rhythmus im Klavier erklingt ein Charleston. Deutlich hört man hier Nachklänge von Gershwins Rhapsody in Blue, die zwei Jahre vor den Preludes sehr erfoglreich uraufgeführt wurde.
Die Nummer 2 ist ruhig. Ein Klavier-Ostinato in gleichmäßigen Vierteln trägt das melancholisch singende und im helleren Mittelteil aufgeweckt swingende Fagott. Der Komponist selbst beschrieb den Satz als Wiegenlied, „blue lullaby“. In der Nummer 3 folgt einer kurzen, rhythmisch kraftvollen Klaviereinleitung ein Foxtrott, aufgelockert von schnell fließendem Frage- und Antwortspiel der beiden Partner.
Die Sätze können einzeln oder als kleine Suite von circa sieben Minuten Dauer vorgetragen werden. Vom Schwierigkeitsgrad her sind sie für gut Fortgeschrittene geeignet. Der Tonumfang reicht beim Fagott vom Kontra-B bis zum c”. Die Höhe ist im Tenorschlüssel notiert. Eine Hürde für SchülerInnen könnten die Tonarten der Nummer 2 und 3 mit ihren vielen Vorzeichen sein. Doch liegen alle Passagen, auch die virtuosen, im Fagott und im Klavier gut in den Fingern. Die synkopierten jazzigen Tanzrhythmen vor allem im Klavier dürften auch bei klassisch geschulten PianistInnen, einmal gelernt, aufgrund ihrer Selbstverständlichkeit bald in Fleisch und Blut übergehen. Man könnte darauf tanzen.
Der Notensatz liest sich angenehm. In der Klavierstimme ist auf der linken Seite zusätzlich zu jedem Prelude ein abstraktes Kunstwerk abgedruckt. Die Drei Preludes klingen in der Bearbeitung schön, bereiten große Spielfreude und können für das Fagottrepertoire bestens empfohlen werden.
Annette Winker