Flute Project
New pieces for flute solo presented by Mathieu Dufour, Emmanuel Pahud, Emily Beynon, Kazushi Saito. Works by Victoria Borisova-Ollas, David Cutler, Roxanna Panufnik, Arvo Pärt, Jay Schwartz
Herausgeber Mike Breneis kündigt Neue Musik von bekannten KomponistInnen an, die Spaß macht und einfach spielbar ist. Bis auf Arvo Pärt (1935), von dem dann allerdings auch das einfachste Stück, ein estnischer Ländler (spielbar nach einem halben Jahr Flötenunterricht), stammt, waren mir allerdings alle KomponistInnen unbekannt. Bei solch neuen Namen wäre es angebracht gewesen, einige biografische Informationen über die Autoren zu veröffentlichen.
Das Hauptwerk dieser Ausgabe stammt mit Postcards (2006) von dem amerikanischen Komponisten David Cutler (*1971), der neben Studien in den USA auch in Wien ausgebildet wurde. Die vier Postkarten zeigen die Fähigkeit Cutlers, unterhaltsame Musik zu schreiben. Jedem der vier Bilder ist eine kleine skurrile Geschichte vorangestellt, was bei der Interpretation besonders für jüngere Spieler nützlich sein wird. Mit avantgardistischen Spieltechniken wie key slaps, multiphonics, sing into flute u. a. fordert das Stück schon einen fortgeschrittenen Spieler. Diese Techniken werden aber geschickt in die unterhaltsam-jazzige und oft an Filmmusik erinnernde Tonsprache eingebaut und führen zu einem humorvollen Ganzen. Leider wiederholen sich die synkopischen Rhythmen besonders im letzten Stück sehr oft und werden dadurch doch etwas langatmig.
Ebenfalls aus Amerika stammt Jay Schwartz (*1965), der eine Music for Flute beisteuert. Nach einem Studium an der Arizona State University studierte er Musikwissenschaft in Tübingen und lebt seit 1995 in Köln. Um sein Werk adäquat aufzuführen, sollte man permanente Atmung beherrschen, denn es besteht aus einer pausenlosen Folge von Tremoli und Arpeggien, die aus dem Nichts kommen und nach einer dramatischen Steigerung verschwinden. Am wirkungsvollsten wohl in einer Kirche mit Nachhall aufzuführen.
Der Zielsetzung des Bandes, neue und einfach zu spielende Musik, auch für Wettbewerbe, zu schreiben, kommen die beiden Komponistinnen am nächsten. Von der in Schweden lebenden russischen Komponistin Victoria Borisova-Ollas (*1969) lernt man Four Pieces (2007) kennen, kleine Stücke mit programmatischen Titeln. Für die Unterstufe sind sie als Einstieg in eine gemäßigt-moderne Musik geeignet. Leider fehlen bis auf Flatterzunge avantgardistische Techniken, die wohl bei Wettbewerben für eine Musik des 21. Jahrhunderts erwartet werden.
Das poetischste Stück stammt von der in England lebenden polnischen Komponistin Roxanna Panufnik (*1968). The Conversation of Prayer ist der englischen Flötistin Emily Beynon gewidmet und illustriert eine kleine Geschichte von Dylon Thomas auf solch farbige und rhythmisch variable Weise, dass alle jungen SpielerInnen ihre Freude daran haben werden. Hier liegt die Würze in der Kürze.
Thomas Richter