Kember, John / Catherine Ramsden

Flute Sight-Reading 1

Vom-Blatt-Spiel auf der Flöte 1. Eine erfrischend neue Methode

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Schott, Mainz 2006
erschienen in: üben & musizieren 5/2006 , Seite 72

Musikstücke zu üben und unbekannte Stücke vom Blatt zu spielen: Beides gehört zum Musizieren, ganz gleich, ob man nun Laie oder Profi ist. Manche haben von Natur aus mit dem Blattspiel kein Problem; wie es jeder lernen kann, will dieses neue Heft des englischen Autoren-Duos zeigen. Da es hierzulande nichts Vergleichbares für Flöte gibt, wurde hier gute Pionier-Arbeit geleistet.
Das Heft gliedert sich in acht progressive Abschnitte; mit dem ersten kann man schon ziemlich bald nach Unterrichtsbeginn anfangen. Auf jeder Stufe gibt es Stücke für Flöte allein, Duette mit der Lehrerin und Stücke mit Klavier (wobei man hierfür dem Musizierpartner über die Schulter schauen muss). Die Stücke wurden von den AutorInnen speziell für das Blattspiel entworfen, sie sind musikalisch sinnvoll, unmittelbar zugänglich und durchgehend tonal. Die Lese-Schwierigkeit wird geschickt gesteigert: Mit jedem neuen Stück lernt man, genauer hinzuschauen; an den Fehlern erkennt man die Bereiche, in denen es Defizite gibt. So eignet sich das Heft selbst für Fortgeschrittene noch vorzüglich als Test der Lesefähigkeit.
Das Heft will den SchülerInnen beim selbstständigen Erlernen des Blattspiels helfen. Wenn sie es durchgearbeitet haben, werden sie mit Sicherheit erfolgreicher darin sein. Zu Beginn ist Blattspiel als Hausaufgabe natürlich sinnlos, weil es keine kompetente Rückmeldung gibt. Diese Kompetenz soll ja erst noch erworben werden. Am Anfang werden also Augen und Ohren des Lehrers mithelfen müssen.
Gutes Blattspiel erfordert gleichzeitiges Erfassen von Takt- und Tonarten, Rhythmen, Pausen, zusätzlichen Vorzeichen, Tempo, Atemstellen, Dynamik, Vortrags- und Tempo-Bezeichnungen – und zwar vor dem Spielen. Während des Spiels sollte nicht mehr unterbrochen werden, falsche Töne sind kein Unglück; wichtig ist, dass der musikalische Zeitverlauf stimmt. Lautes Vorzählen zur Unterstützung der Tempovorstellung, wie die AutorInnen es vorschlagen, ist für Bläser nicht so geschickt. Besser wäre es, zur Vorbereitung zu zählen und dazu den Rhythmus zu klopfen.
Das Heft ist arbeitsfreundlich gestaltet, der große Druck erleichtert das Lesen, Listen mit Vortragsbezeichnungen unterstützen den Wissenserwerb. Viel Platz (ver)brauchen die gut gemeinten Text-Bausteine vor jedem Abschnitt mit viel redundanter Information. Mit zunehmender Komplexität der Aufgaben wären stattdessen immer präzisere Hinweise zum optischen und theoretischen Erfassen notwendig gewesen, gerade im Hinblick auf den Selbstunterricht.
Blattspiel macht unabhängig, gibt Selbstvertrauen und spart Übezeit. Neue Musikstücke gleich mit Blattspiel-Einstellung anzugehen, könnte sich als wirklich erfrischend neue Methode erweisen. Auf eine Fortsetzung mit Sight-Reading 2 darf man gespannt sein.
Ursula Pesek