Schaper, Heinz-Christian

Formenlehre compact

Strukturen, Analysen, Übungen

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Schott, Mainz 2006
erschienen in: üben & musizieren 2/2007 , Seite 61

Angesichts von PISA-Tests, TV-Quizsendungen und Umfragen zur Allgemeinbildung haben Sachbücher mit kompaktem Wissen Hochkonjunktur. Heinz-Christian Schapers Formenlehre compact versucht, möglichst kurz und bündig die wesentlichen Fakten dieses Teilgebiets der Musiktheorie zu bündeln. Adressaten sind vor allem SchülerInnen der Sekundarstufe II (Leistungskurs) und Studierende im Fach Musik. Auch interessierte Autodidakten werden angesprochen.
Das Buch besteht aus zwei Teilen: „Musikalische Stilmittel“ und „Analyse“, letzterer ist unterteilt in „Musikbeispiele I und II“. Das, was man gemeinhin unter Formen der Musik versteht, wird erst im letzten Drittel des Buchs vorgestellt („Musikbeispiele II“). Der erste Teil umfasst unter dem Begriff „Stilmittel“ Parameter wie Rhythmus, Melodik, Harmonik und Interpretation. Dies sind aber Grundelemente, keine Stilmittel. Interpretation gehört schon gar nicht hierhin. Auch Teil I der Analyse behandelt Kompositionstechniken, Satzstrukturen, Tonsysteme und Ähnliches, was nur sekundär zur Formenlehre gehört und eher ihre Voraussetzung ist. In einem Kompendium erwartet man aber Zusammenfassungen zu Lied- und Tanzformen, zu Suite, Sonate und Fuge.
Das kommt im letzten Teil durchaus alles vor. Zu Beginn jedoch trüben viele Unstimmigkeiten das Bild. Die Kriterien für Rhythmus, Melodik und Harmonik sind zweitrangig, unvollständig oder irrelevant. Dass der Autor in vielen Beispielen und Begriffen Hindemiths Unterweisung im Tonsatz folgt, macht das Verständnis nicht leichter. Als Musikbeispiele bringt Schaper viele eigene Konstruktionen, die stillos zwischen tonal, freitonal und bitonal changieren, vor allem jeglicher Prägnanz entbehren. Auch viele Begriffe sind unklar und missverständlich, z. B. „Musikkreise“, „Gruppen von Tönen“, „Rangordnung“, „Stauwert“, „Steigzeile“ und viele mehr. Viele LeserInnen werden nach hundert Seiten wohl frustriert aufgeben. Der letzte Teil ist dagegen kaum zu beanstanden. Hätte sich der Autor doch darauf konzentriert!
Thomas Krämers Tests können insgesamt etwas positiver bewertet werden. Krämer wendet sich ausdrücklich an Menschen mit Liebe zur Musik – ohne sie unbedingt ausüben zu wollen. In sechs Kapiteln werden das Wesen der Musik, ihre Geschichte, Aufführungspraxis, Komponisten, Jazz, Pop und Interpreten erfasst. Im Multiple-Choice-Verfahren werden Quizfragen gestellt und jeweils drei Auswahlantworten geboten. Nach zwei bis drei Fragen folgt auf der nächsten Seite die Auflösung.
Die Fragen treffen in der Regel Sachverhalte, die auch gebildete Laien interessieren. Sie genügen gültigen Testkriterien, was vor allem die Auswahlantworten betrifft, die alle mit Musik zu tun haben, gleichwahrscheinlich und trennscharf sind. Die Lösungen zeichnen sich aus durch klare, verständliche und umfassende Erklärungen, wobei auch die Alternativen gleich miterklärt werden – ein großer Vorzug des Buchs! Die Frage bleibt: Sind alle Fakten für die Allgemeinbildung relevant? Hier hat das Buch Schwächen. Muss man den „Tristan-Akkord“ kennen? Soll man differenzierte Notenkenntnisse haben? Gehört der „französische Sextakkord“, die „Personanz“ und die „Akkolade“ zur Allgemeinbildung? Trotz vieler Druckfehler ist das Buch zu empfehlen, man kann das problematische zweite Kapitel getrost überschlagen!
Otto Junker