Dobretsberger, Barbara

Formenlehre. Formen der Vokalmusik

Ein Handbuch für Studierende und andere Neugierige

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Doblinger, Wien 2019
erschienen in: üben & musizieren 6/2019 , Seite 51

In den vergangenen Jahrzehnten haben sich unterschied­liche Ansätze der Formenlehre herausgebildet: Neben dem klassischen, systematisch kategorisierenden Konzept bei Günter Altmann entwickelte Clemens Kühn ein an übergeordneten gestalterischen Ideen orientiertes Konzept, und Reinhard Amon legte eine lexikalische Aufarbeitung musikalischer Formen vor. Barbara Dob­retsberger, Dozentin an österreichischen Hochschulen, fügt nun ein weiteres, pädagogisch orientiertes Grundkonzept hinzu. Die erfahrene Hochschul­lehrerin ver­zichtet auf wissenschaftlichen Jargon; auf jeder Seite spürt man, dass das Buch Ergebnis langer Unterrichtstätigkeit ist.
Das Buch ist nicht nur für Studierende, sondern auch in Kursen mit fortgeschrittenen SchülerInnen oder in der Studienvorbereitung einsetzbar und gleichermaßen für den Unterricht, die Unterrichtsvorbereitung und für das Selbststudium geeignet. Eine konsekutive Durcharbeitung wird nicht vorausgesetzt; auch einzelne Themen, etwa zum Kanon oder zum Kunstlied, werden in sich geschlossen dargestellt.
Der Autorin ist an einem leichten Lesefluss gelegen. Der Sprachstil ist angenehm und verständlich, zudem ist der Text mit einer Randspalte ausgestattet, die Informationen unterschiedlichster Art anbietet: kommentierte Literaturhinweise, ausführliche Erläuterungen von im Text verwendeten Fachbegriffen, Zitate von Komponisten und Musiktheoretikern, Querverweise auf verwandte Textstellen und Zusammenhänge.
Das Buch ist eine Fortsetzung des 2016 erschienenen Bandes Formen der Instrumentalmusik. Die thematische Trennung begründet die Autorin mit dem Umfang eines zunächst mit beiden Themen konzipierten Buchs, aber auch inhaltliche Gründe sprechen für die separate Behandlung der Vokalmusik, etwa ihre Dominanz in der Entstehungszeit der polyfonen Mehrstimmigkeit. Gattungen, die ausschließlich der Vokalmusik zuzuordnen sind, wie das Kunstlied werden nur im zweiten Band umfassend behandelt; Überlappungen werden dadurch vermieden, dass etwa beim Thema „Lied“ im ersten Band nur die elementaren Liedformen, im zweiten dagegen das Kunstlied in allen seinen stilistischen Verästelungen behandelt wird.
Ein didaktischer roter Faden zieht sich durch das Buch: Bewusst wird aus methodischen Gründen von einem „Schultyp“ der jeweiligen Gattung ausgegangen. Vereinfachung und Verkürzung werden zunächst in Kauf genommen, aber zahlreiche weitere Beispiele ermöglichen den Blick auf die Vielfalt der individuellen Ausprägungen einer Gattung.
Das Buch enthält ein ausführliches Schlagwortregister und im Literaturverzeichnis auch viele Internetadressen. Dabei überwiegt direkt pädagogisch einsetzbares Begleitmaterial. Fazit: Zusammen mit dem ersten Band ist Formen der Vokalmusik ein umfangreiches, für Unterricht und Selbststudium hervorragend geeignetes Werk.
Christoph Hempel