Führe, Uli

Frag einmal die Philosophen

24 neue Jazz-Kanons, mit CD

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Fidula, Koblenz 2017
erschienen in: üben & musizieren 3/2018 , Seite 54

Wieder ein neues Praxisbuch von Uli Führe! Der vorliegende Band reiht sich ein in seine Kanon-Sammlungen von Swing, Latin über Klassik, Pop usw. Bei näherer Betrachtung vermitteln die 24 neuen Jazz-Kanons jedoch ein sehr einseitiges Bild von Jazzmusik, denn Kernelemente wie Improvisation und Interaktion spielen in den Kompositionen keine Rolle.
Die Idee hinter dieser Ausgabe ist spannend, denn Führe kombiniert die Weisheiten alter Philosophen mit dem Prinzip des Kanons (wobei elf der 24 Texte aus seiner eigenen Feder stammen). Er appelliert an die Poesie von Sprache und Musik anstatt analytischer Gedanken. Doch wie passen Jazz und Philosophie zusammen? Schon nach den ersten Zeilen entstehen große Fragezeichen: „Jazzkanons kommen wunderbar aus mit Scatsilben wie ,Schubiduwa‘ und ,Sabadap‘. Das Nichtsprachliche öffnet die Musik über alle Sprachgrenzen hinweg und schafft damit eine gewisse Internationa­lität. International bekannt sind auch die Erkenntnisse der Philosophen.“ Weder Nichtsprachlichkeit und philosophische Texte noch der gemeinsame internationale Nenner passen hier zusammen. Die genannten Scatsilben sind zudem sehr schulbuchmäßig.
Gelungen hingegen ist das Layout des gesamten Buchs. Auch die einzelnen Notensätze sowie die reduzierten Klavierbegleitungen sind sehr übersichtlich und zur Erarbeitung der Kanons hilfreich. Genauere Angaben zu Stil, Tempo und Phrasierungen der Stücke fehlen jedoch. Um ein Gefühl für den Groove eines Kanons zu bekommen, muss man in die Begleit-CD hineinhören. Diese ist jedoch wenig animierend und hat intonatorische Schwächen – sie ist demnach lediglich für den erwähnten kurzen Eindruck zu gebrauchen.
Wer mit seinen SängerInnen gerne mal etwas Neues kennenlernen möchte, kann den einen oder anderen Kanon sicherlich gut in sein Programm einbauen. Auch lässt sich anhand der Texte in philosophische Diskussionen einsteigen. Abschließend ist mein Fazit jedoch, dass den Stücken und der CD etwas mehr Gründlichkeit gut getan hätte – und ein echter Bezug zur Jazzmusik.
Eva-Maria Kösters