© Lutz Maschke

Brandenburg, Judith

Führen und Folgen

Wie spiele ich argentinische Tango-Standards?

Rubrik: Praxis
erschienen in: üben & musizieren 6/2016 , Seite 22

Die Suche nach Notenmaterial ar­gentinischer Tangos ist für den Neu­ling oft eher entmutigend. Häufig gibt es als einzige Quelle einen Klavierauszug, bei dem die Melodie mit einem gleichförmigen Habanera-Rhythmus unterlegt ist. Wie gestalte ich nun mit wenigen Mitteln meinen Lieblingstango so, dass ich im Duo oder Trio spontan spielen, das Thema frei gestalten und auch begleiten kann? Was macht den Tango dabei zum Tango?

Die Argentinier nennen das gemeinsame Improvisieren bekannter Tangos „Parrilla“ – das ist das Wort für einen großen Grill. Jeder bringt das mit, was er an Fähigkeiten imTango hat, und legt es in die Mitte. Doch wie erlange ich diese Kompetenz? Hat ein Neugieriger im Glücksfall ein Leadsheet seines Lieblingstangos gefunden – eine Melodie, die wie auch im Jazz üblich mit Akkordsymbolen versehen ist –, wird er bald feststellen, dass dies noch nicht viel mit dem Tango gemein hat, in den er sich verliebt hat. Denn es ist in erster Linie der Rhythmus, der den Tango charakterisiert – und der ist hier nicht notiert. Der Rhythmus wird der Melodie die entscheidenden Impulse geben und sie wird sich ihm anschmiegen.
Betrachten wir also die wichtigsten Rhythmen des argentinischen Tangos und ihre Anwendung anhand einer als Beispiel erfundenen Melodie, die ebenfalls viele Merkmale aufweist, die den Tango charakterisieren und so für viele Tangos stehen kann. Hier sind die ersten sechzehn Takte unserer „Pasaje tanguero“:

Der Tangoerfahrene weiß, wie er die in geraden Achteln notierte Melodie frei phrasieren wird. Als Beispiel wähle ich eine sehr häufige Variante, wobei die Sechzehntel eher lässig und breiter als notiert gespielt werden:

Natürlich kann man viele Tangos gleich von Anfang an sehr rhythmisch begleiten. Ich empfehle häufig – besonders bei der gemeinsamen Suche im Zusammenspiel –, die Melodie erst einmal vorzustellen und in halben Noten nur behutsam die Harmoniewechsel zu stützen.

Lesen Sie weiter in Ausgabe 6/2016.