Wyatt, Keith / Carl Schroeder / Joe Elliott

Gehörtraining für den modernen Musiker

mit 2 CDs

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Hal Leonard, Milwaukee 2011
erschienen in: üben & musizieren 3/2012 , Seite 52

Das Buch ist Teil einer Publika­tionsreihe des „Musicians Institute“, einer kalifornischen Musikschule, und enthält einen Basiskurs aus den Inhalten des dortigen Lehrplans. Es ist für das Selbststudium konzipiert und überzeugt mit einem durchdachten Konzept.
Von sehr elementarem Niveau ausgehend, werden BenutzerInnen von den Anfangsgründen des tonalen Hörens bis zu Septakkorden, Blues und Akkordprogressionen geführt. Die stilistische Ausrichtung an der Popularmusik tritt erst in den fortgeschrittenen Kapiteln zutage; das Buch kann deshalb auch „stilneutral“ zum Üben benutzt werden.
Die einzelnen Kapitel gehen nach dem gleichen methodischen Prinzip vor; dabei stehen auf dem jeweiligen Niveau Singen, Transkribieren und Visualisieren, das heißt innerliches Hören und imaginäres Greifen von gelesenen Noten im Vordergrund. Der Schwierigkeitsgrad wird behutsam und methodisch wohlüberlegt gesteigert. Die zwei Audio-CDs enthalten zu jedem Kapitel Transkriptionsaufgaben in unterschiedlichen Oktavbereichen.
Überzeugend ist die Methode, beim melodischen Hören von der Tonleiter und ihren Stufen auszugehen und die relative Orientierung intensiv zu üben. Von der Stufenbestimmung geht der Lehrgang zur Melodiebestimmung in Dur und Moll; diese Art des melodischen Hörens erlaubt das Transkribieren „auf Lücke“, also ein praxisorientiertes Vorgehen. Erst danach werden Intervalle behandelt, und zwar in ihrer unterschiedlichen Bedeutung innerhalb von Tonleitern und Melodien. Es folgen Sprünge und Skalenstufen unterhalb des Grundtons und über die Oktave hinaus.
Auch die eingestreuten Rhythmuskapitel gehen von sehr elementarem Niveau aus und bauen auf dem Gefühl für Metrum und Takt auf. Nicht Notenwerte und Tondauern werden geübt, sondern die Position der rhythmischen Impulse im Fluss der Metrik. Im gleichen behutsamen Tempo und mit der gleichen methodischen Konsequenz folgen die Behandlung von Moll-Tonleiter, Dreiklängen und rhythmischen Grundmodellen. Akkordprogressionen werden stilspezifisch behandelt, daher spielen Akkordumkehrungen und Stimm­führung keine Rolle. Bei der Behandlung von Sept­akkorden wird neben der Akkordstruktur auch die assoziative Wirkung ins Spiel gebracht, die oft hilfreicher beim Erkennen von Septakkordtypen ist als die Kategorisierung der Terzenschichtung.
Im vierten Kapitel werden die Inhalte komplexer und jazz-spezifischer: Modal Interchange und Zwischendominanten, Optionstöne, Alterierungen, nicht-diatonische Akkorde und Chromatik werden behandelt. Dem Blues ist ein eigenes Kapitel gewidmet.
Das Buch ist unbedingt empfehlenswert. Neben dem überzeugenden methodischen Vorgehen ist die stets korrekte, aber einfache und verständliche Terminologie hervorzuheben.
Christoph Hempel