Eichler, Diez

Generalbass

Eine Einführung nach ­historischen Quellen

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Breitkopf & Härtel, Wiesbaden 2017
erschienen in: üben & musizieren 6/2018 , Seite 52

In den Studiengängen der Ausbildungsinstitute für Musik gehört das Fach Generalbass nicht gerade zu den beliebtesten Disziplinen. Zu sehr fühlen sich viele malträtiert von vermeintlich musikfernen Akkordübungen, bei denen das Gehirn fieberhaft den Klangaufbau der rechten Hand errechnen muss und dabei stets zu fürchten ist, dass man vom Lehrer zudem noch wegen fehlerhafter Parallelführungen oder falscher Tonverdoppelungen abgemahnt wird.
Mit diesem schlechten Image räumt Diez Eichler in seinem Unterrichtswerk nun gründlich auf. Sein inhaltlicher Ansatz ist ganz anders. Wer nach dieser Schule lernt, hat etwa Carl Philipp Emanuel Bach, Jean-Francais Dandrieu, Johann David Heinichen, Johann Matheson, Jean-Philippe Rameau oder Georg Philipp Telemann als Lehrer unmittelbar neben sich sitzen, denn die Übungen sind ausschließlich aus deren Lehrwerken entnommen. Ich frage mich, warum nicht viel eher jemand auf diese geniale Idee der ausschließlichen Konzentration auf historische Lehrwerke gekommen ist, werden doch so alle Vorbehalte gegen den Generalbass im Keim erstickt: Man spielt als Schülerin oder Schüler nicht nur nach den Vorbildern der Alten Meister, sondern ist zudem unmittelbar in deren stilistische Welt eingebunden und lernt, dass Generalbass mehr ist als nur Akkordspiel – nämlich Harmonielehre, Kompositionslehre und Aufführungspraxis in einem.
Eichler baut sein Unterrichtswerk methodisch-systematisch nach steigendem Schwierigkeitsgrad auf, mixt aus den historischen Quellen Übungen zu Grundakkor­den und Akkordumkehrungen, zu Vorhalten bis hin zu komplizierteren Klängen mit Zusatztönen. Dieser Ausbildungsgang erscheint vor allem für AnfängerInnen geeignet, weil er bestechend klar ist. In Zusatzerläuterungen zitiert Eichler entweder die Spiel­anweisungen der Originalautoren oder macht Ausflüge in die Welt der Harmonielehre, indem er immer wieder auf die Tücken und Fallstricke eines sauberen Tonsatzes und damit auch eines gut klingenden Generalbasses verweist.
Klugerweise haben Autor und Verlag auch an die Unterrichtspraxis gedacht: Für die Schülerin oder den Schüler ist ein eigenes schmales Übungsheft eingelegt, in welchem – wie im Generalbasszeitalter üblich – lediglich die Basslinie mit den Ziffern abgedruckt ist. Wer will, kann dann seine Übungsergebnisse mit den ausgesetzten Beispielen des Hauptbands abgleichen. Und Breitkopf & Härtel geht gar noch einen Schritt weiter, indem das Unterrichtswerk zweisprachig in Deutsch und Englisch gedruckt ist. Dies wird dazu führen, dass das Lehrwerk mit seinen nur 68 Seiten sich auch im Ausland schnell verbreiten wird.
Ich wette, dass Diez Eichlers Generalbass sehr bald zum Standardwerk als Einführung in das verständliche und historisch abgesicherte Generalbassspiel reüssieren wird.
Thomas Krämer