Kruse-Weber, Silke / Barbara Borovnjak (Hg.)
Gesund und motiviert musizieren. Ein Leben lang
Musikergesundheit zwischen Traum und Wirklichkeit
„Wenn die ,zu erfüllenden Vorgaben‘ im Studium oder im Job […] mit den eigenen Zielvorstellungen, Maßstäben und Träumen übereinstimmen, lebt man gesünder.“ Bis zu dieser kernigen Botschaft liest man sich gerne durch 284 Seiten einer beachtenswerten Sammlung von Beiträgen über die Grundlagen für Gesundheit von Musikerinnen und Musikern in Ausbildung und Beruf. Das Buch geht hervor aus einem Symposium an der Kunstuniversität Graz im Juni 2013. Die Herkunft der Herausgeberinnen befördert einen musikpädagogischen Schwerpunkt, daneben kommen AutorInnen aus unterschiedlichsten Bereichen in ausgewogener Zusammenstellung zu Wort: Musikphysiologie und Musikermedizin, Musikpsychologie, Musikwissenschaft, Informatik, Epidemiologie, Biomechanik, Lern- und Motivationsforschung.
Daraus ergibt sich eine anregende Mischung aus Theorie und Praxis. Daten, Befunde, Hintergrundinformationen, Kasuistik, diagnostische, therapeutische und technische Anwendungen, nachdenkliche Reflexion und Roundtable-Diskussion stehen nebeneinander und interpretieren die den Buchtitel prägenden Begriffe „gesund“ und „motiviert“ im Sinne einer wechselseitigen Abhängigkeit. Das Buch gerät zu einer umfassenden Standortbestimmung, deren Teile übrigens durch vielfältige innere Bezüge der angesagten interdisziplinären Vernetzung schon Vorschub leisten.
Ein verbindendes Element ist die „Balance“, die im Resümee auf drei Ebenen bezogen wird: Balance auf der Ebene beruflicher Sozialisation als Fähigkeit, intrinsische Motivation mit realistischer Selbsteinschätzung zu verbinden und beides in Richtung „Music-Life-Balance“ zu entwickeln; intrapersonale Balance, welche auf Individualität Rücksicht nimmt und zum Beispiel durch Musik selbst als motivationale und Gesundheit fördernde Ressource (wieder-)hergestellt werden kann; schließlich Balance im institutionellen Umfeld, die unter anderem durch Herausbilden einer ausgleichenden Kommunikations- und Fehlerkultur und den Ausbau gesundheitsfördernder Angebote in Musik- bzw. Hochschulpädagogik sowie in musikalischen Arbeitsumgebungen hergestellt werden muss. Das übergeordnete Ziel liegt darin, den Prozess der Selbstfindung und Selbstverantwortung zu unterstützen und die Musiker auf jeder Stufe ihrer lebensgeschichtlichen Entwicklung und in allen Bereichen beruflichen und außerberuflichen Musikschaffens angemessen zu begleiten.
Kein Kochbuch, eher ein kreativer „Küchenführer“, der Appetit macht und Gerät und Zutat finden lässt. Kochen darf man selbst. Sehr zu empfehlen für alle, die sich mit präventivem, therapeutischem oder pädagogischem Ansatz dem Thema Musikergesundheit nähern und zum Weiterdenken inspirieren lassen möchten.
Martin Fendel