Tönnes, Rolf

Gitarre spielen – mein schönstes Hobby

Die moderne Gitarrenschule als multimediales Trainingsprogramm für Jugendliche und Erwachsene

Rubrik: DVDs
Verlag/Label: Schott, Mainz 2005
erschienen in: üben & musizieren 3/2006 , Seite 68

Rolf Tönnes wendet sich mit seiner Gitarrenschule auf DVD als Ergänzung zur Notenausgabe an Jugendliche und Erwachsene. Dieser Zielgruppe wird er inhaltlich und formal gerecht. In ruhiger und sympathischer Art erklärt Tönnes das Gitarre spielen vom ersten Anfang an.
Im inhaltlichen Aufbau folgt die DVD unter dem Hauptmenüpunkt „Lektionen“ der Printversion. Außerdem gibt es noch den Menüpunkt „Songs“, unter dem alle dreißig Titel der Schule einzeln anwählbar sind, sowie „Specials“: Hier werden z. B. die Bauteile der Gitarre in animierter Form vorgestellt oder das Stimmen erklärt und gezeigt.
Beim Abspielen der Lieder ist der Bildschirm dreigeteilt: Links oben sieht man die rechte Hand, rechts oben die linke Hand und im unteren Teil des Bildschirms die Noten mit einem Sichtbalken, der durch den Notentext führt. Man kann also die Bewegungen beider Hände des Lehrers beim Spielen genau beobachten. Dies war bislang nach meiner Erfahrung einer der Hauptgründe, warum es für den Erfolg auf der Gitarre notwendig war, sich einen Lehrer zu suchen, und alle Notenausgaben mit der Beschreibung „zum Selbststudium geeignet“ doch mehr versprachen, als sie halten konnten. Die DVD kommt diesem Versprechen näher als jedes Printmedium. Beim Vorspielen der Akkordbegleitung wird anstelle der echten Hand des Lehrers eine Zeichnung eingeblendet, auf der die Saite und der sie greifende Finger die gleiche Farbe aufweist. Eine schöne Hilfe zur Orientierung.
Die Menüführung ist leider etwas unübersichtlich. Schöner wäre es, wenn man die Lieder direkt ansteuern könnte, anstatt die jeweilige Lektion von Anfang zu starten und sich dann zu dem Lied kapitelweise „durchsuchen“ zu müssen.
Rolf Tönnes kommt in seiner Art unprätentiös, einfach und menschlich daher. Was auf andere vielleicht langweilig oder altbacken wirken kann, erscheint mir angemessen. Nicht nur einfach, sondern einfach gut. Wer wird diese DVD nutzen? Üblicherweise wird ein Teenager kaum die Disziplin und Geduld aufbringen, diesen Lernstoff, der eben nicht poppig und fetzig daherkommt, konzentriert aufzunehmen. Doch so manchem (berufstätigen) Erwachsenen wird mit dieser DVD prima gedient sein. So lässt sich in der Mittagspause im Büro die zuletzt mit dem Gitarrenlehrer geübte Lektion nochmals rekapitulieren – ohne Gitarre, nur hörend und sehend. Dabei lernt man, noch mehr zu abstrahieren und führt, ohne es zu merken, das aus der Sportwissenschaft bekannte und seit einigen Jahren auf das Üben von Musikinstrumenten übertragene mentale Training durch. Sicher hätte man sich in dieser Hinsicht einige Hinweise zur Nutzung der DVD vorstellen können.
Insgesamt möchte ich diese DVD als Ergänzungsmaterial zu gedruckten gleichnamigen Gitarrenschule empfehlen. Das Medium ist für die musikpädagogische Praxis neu, deswegen sollte man die angesprochenen Schwächen auf der technischen Seite der DVD und der inhaltlichen Gliederung tolerieren. Das lernen mit (nicht nur) dieser DVD bietet neue Chancen. Praktizierende Gitarrenlehrer, zu denen ich auch gehöre, brauchen keine Angst zu haben, dereinst von einer DVD wegrationalisiert zu werden, sondern können ihren Schülern diese als Einstieg in das mentale Üben näher bringen.
Ulrich C. Müller