Wolf, Michael Barry

Grundlagen der Kontrabass-Technik

Studienbuch Musik

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Schott, Mainz 2007
erschienen in: üben & musizieren 5/2007 , Seite 59

Das vorliegende Buch ist 1991 im Verlag „Die blaue Eule“ zum ersten Mal erschienen. Der damalige Lehrer an der Essener Folkwang-Schule ist seit 1994 Professor für Kontrabass an der Universität der Künste in Berlin.
Noch nie in der Geschichte des Kontrabasses hat jemand so intensiv über alle Bereiche des Spielens auf diesem Instrument nachgedacht und es gleich zweisprachig (englisch und deutsch) zu Papier gebracht. Da geht es um Haltungsfragen, um Muskeleinsätze und um Bewegungsabläufe des Bogens. Jeder Teil des rechten Arms wird in seinen Aufgaben einzeln untersucht und besprochen. Der Autor hat dazu selbst erläuternde Zeichnungen angefertigt. Der differenzierten Bogentechnik wird ein weiteres Kapitel eingeräumt: Man versteht, dass die Tonerzeugung nicht nur ein technischer, sondern auch ein geistiger Prozess ist.
Aber auch die linke Hand wird mit der gleichen Akribie beleuchtet, der Lagenwechsel, das Vibrato, neue Fingersatzmodelle werden entwickelt. Dann kommt die Koordination von rechts und links: Lagenwechsel und Striche müssen zueinander passen. Dem Thema Intonation ist ein vergleichsweise kleiner Raum gewidmet. Bei richtiger Technik ist das heute kein wirkliches Thema mehr. Das Üben hingegen und seine physiologischen Grundlagen werden sehr exakt erkannt und beschrieben. Wolf unterscheidet das normale Üben sehr bewusst von der Vorbereitung auf eine Aufführung und beschreibt die Übergänge dorthin.
Die insgesamt dreizehn Abschnitte mit knapp siebzig Kapiteln sind völlig identisch mit der Ausgabe von 1991. Neu hinzugekommen ist allein der Aufsatz „Entwicklung einer Musikphilosophie“, der die Frage untersucht, warum wir uns immer wieder mit der Aufführung von Musik beschäftigen und was das Wesen eines musikalischen Kunstwerks ausmacht. Gab es damals einen Text- und einen getrennten Notenband, so findet man nun die vielen Notenbeispiele gleich beim Text, was die Lektüre und das Verständnis sehr erleichtert.
Für diverse andere Instrumente sind solche grundlegenden Gedanken längst formuliert worden, insofern ist das Buch über den Bass längst überfällig gewesen. Um eine wirkliche Hilfe für das Heer der Kontrabassisten zu sein, ist dieses Buch allerdings zu wissenschaftlich. Es ist auch keine Kontrabass-Schule, auch wenn man hier über alle Bereiche des Spielens mehr erfährt als in so manchem Unterrichtswerk. In erster Linie ist dieses Buch für Kontrabass-Lehrkräfte geeignet, die ihren SchülerInnen die Vorgänge und Abläufe erklären müssen und hier Formulierungshilfe bekommen. So manchen Satz muss man jedoch erst ein zweites Mal ins Deutsche übersetzen, um ihn verständlich werden zu lassen.
Dennoch: KontrabassistInnen finden hier ein Buch vor, das sie näher mit ihrem Instrument zusammenwachsen lässt. Das „bassale“ Bewusstsein wird mit diesem Buch deutlich erweitert.
Wolfgang Teubner