Prieser, Marcus

Grundlagen des ­Dirigierens

Schlagtechnik – Probenarbeit – Aufführung

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Heinrichshofen, Wilhelmshaven 2011
erschienen in: üben & musizieren 3/2012 , Seite 53

Es sollen die „Grundlagen des Dirigierens, Probens und Aufführens“ vermittelt werden, meint der Autor in seinem Vorwort und beschränkt sich wohl deshalb auf 62 Textseiten für die Gesamtdarstellung der Arbeit von Chor- und Orchesterdirigenten. Nun ist nicht auszuschließen, dass es tatsächlich Musiker oder Laien gibt, die quasi „von heute auf morgen“ und meist zwangsweise in die Lage versetzt werden, ohne eine einschlägige Ausbildung oder abgeschreckt durch ein miserables Vorstudium im Fach Dirigieren musizierende Gruppen betreuen zu müssen. Für diese Klientel – und nur für diese – mag Priesers Büchlein geeignet sein. Besonders die Kapitel zur Proben­arbeit, zur Vorbereitung einer Probe, zu Sitzordnungen der Ensembles oder zur Planung einer Hauptprobe sind gut gemacht und zeugen von einer offensichtlich langjährigen Dirigierpraxis des Autors.
Eindeutige Mängel finden sich indes in den Grundsatzkapiteln zur Schlagtechnik und zur musikalischen Interpretation. Wenig neu sind hierbei – trotz gegenteiliger Anmerkungen im Vorwort – die Erläuterungen zu den standardisierten Schlagfiguren. Und bei den knappen Anmerkungen zu den Abschlägen vermisst man schmerzlich ein differenziertes Eingehen auf unterschiedliche Endsilben für Chöre – „Amen“, „Gott“ oder „Mond“ verlangen, so weiß es der Chor­erfahrene, jeweils spezifische Endfiguren!
Völlig missverständlich sind dagegen die Hinweise des Autors, „auf keinen Fall die Pausen durch­zuschlagen“, bis man merkt, dass in Beethovens Coriolan-Ouvertüre ein wichtiger Pausentakt fehlt und so alle Anmerkungen im Notenbeispiel verrutschen. Gelegentlich ist Priesers Diktion etwas holprig, andererseits wird man trotz der sprachlichen Mängel und der nicht immer verständlichen Symbole die praktischen Tipps zur Probenarbeit mit Gewinn lesen.
Manche Details stören: Wenn der heute nach wie vor aktuelle Bratschenschlüssel als „alter Schlüssel“ statt als C-Schlüssel firmiert oder der Autor von „Vorzeichen“ spricht, aber Versetzungszeichen meint. Dennoch – ein Büchlein, dessen Zweck sich dann erfüllt, wenn man lediglich knappe Primärinformationen zum weiten Feld der Dirigierarbeit erwartet. Alles darüber Hinausgehende will und kann ein Bändchen dieser Größenordnung nicht leisten, zumal der Autor versucht, durchaus unterschiedliche Grundbedingungen des Dirigierens von Chören, Symphonieorchestern und Blasorchestern gemeinsam abzuhandeln.
Der Wissbegierige wird sich also früher oder später mit spezifischen Veröffentlichungen weiterhelfen müssen, die durchaus Maßstäbe gesetzt haben und von Prieser in seinem knappen Literaturverzeichnis teilweise auf­geführt werden (Kurt Thomas/ Alexander Wagner: Lehrbuch der Chorleitung). Als Orchesterdirigent vermisst man dagegen die Lehrwerke von Hermann Scherchen, Kurt Redel oder die gut gemachten Kompakt-Büchlein eines Heinz-Christian Schaper.
Thomas Krämer