Track, Gerhard

Gruß aus Wien

für zwei Violinen

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Doblinger, Wien 2013
erschienen in: üben & musizieren 4/2014 , Seite 58

Der Gruß aus Wien für zwei Vio­linen des österreichischen Komponisten und Chordirigenten Gerhard Track (Illustrationen von Jan Daxner) kommt uns auf der ersten Seite mit einem Augenzwinkern aus einer Schneekugel entgegen. Das Cover zeigt lachend geigende Kinder zwischen kolorierten Zeichnungen typischer Wiener Motive vom Prater bis zum Stephansdom, welche die meisten Nichtwiener in ihrer Vorstellung mit dieser Stadt verbinden. Track hat seinen „Gruß“ als Suite für zwei Violinen konzipiert, bei der die erste Violine von der Lehrkraft oder einem fortgeschrittenen Schüler übernommen wird und die zweite Violine von AnfängerInnen gespielt werden soll. Diese Konzeption passt zu traditionellen Unterrichtskonzepten, die nicht auf das frühe Zusammenspiel geigender Kinder ausgerichtet sind.
Die einzelnen Titel der Stückchen beziehen sich – von der Einleitung abgesehen – auf Wiener Sehenswürdigkeiten und bieten so eine „geigende Stadtführung“, auf der den jungen Musikanten nicht nur Wiener Attraktionen, sondern auch Zitate aus Werken Wiener Komponisten begegnen. Die Titel lauten „Gruß aus Wien“, „Pratermelodie“, „Die Spanische Hofreitschule“, „Am Kahlenberg“, „Der Goldene Saal“, „Serenade im Stadtpark“, „Wiener Wald“ und „Donau“.
Das eingangs erwähnte Augenzwinkern währt allerdings nicht lange, vermutlich auch nicht für die jungen SpielerInnen. Von einigen Strauß-Walzer-Zitaten und einem Robert-Stolz-Zitat abgesehen, vermisst man in den Kompositionen die beschworene Wiener Heiterkeit. Es mag auch dahingestellt bleiben, ob der musikalische Stil der Kompositionen die Musikwelt heutiger geigender Kinder gerade in der Anfängerphase trifft. Sie erinnern eher an Spielbücher einer inzwischen vergangenen instrumentalpädagogischen Epoche. Augenzwinkern und medleyartige Verknüpfungen von Themen von Brahms, Schubert und Strauß reichen sicher nicht aus, um mit Musik, die wohl nicht dem musikalischen Erleben von Grundschulkindern entspricht, diesen Wien näher zu bringen. Eine schöne Bearbeitung eines Lanner-Walzers könnte da möglicherweise mehr bewirken.
Es darf auch bezweifelt werden, dass Kinder sich unter den in den Kommentaren erwähnten englischen Gärten, sentimentalen Liedern, 45 Kilometer langen Mittelgebirgen oder einem „populären Fluss“ – gemeint ist hier sicher populäre Musik um einen der berühmtesten Flüsse Euro­pas – etwas vorstellen können. Auch Statuen und Denkmäler von Strauß, Schubert und Bruckner im Stadtpark werden kaum Grundschulkinder für Wien begeistern.
Es bleibt ein Augenzwinkern aus einer Schneekugel zu Beginn und der altväterliche Rat des streng auf den kleinen, am Denkmal vorbei eilenden kleinen Geiger herabblickenden Anton Bruckner am Ende: „Du musst noch viel üben.“ Ich empfehle meinen Kolleginnen und Kollegen anderes Unterrichtsrepertoire für erste Musiziererlebnisse.
Uwe Gäb