Hansmeier, Katrin
Gut gelacht ist halb gelernt!
Humor gezielt nutzen für den Musizierunterricht
Humor ist wie Musik. Es gibt unterschiedlichste Humorrichtungen und Geschmäcker. Der eine liebt Bach-Kantaten, der andere blüht auf, wenn er Rock’n’Roll oder Heavy Metal hört. Genauso verhält es sich mit dem Humorgeschmack! Manchmal müssen wir einfach mal mitschwingen, uns einlassen und hinhören, um miteinander eine gemeinsame Humormelodie zu finden. Wir alle haben die Fähigkeit zu musizieren, wenn wir wollen. Niemand würde sagen: „Musik hat man oder hat man nicht.“ Das ist das Schöne – und so ist es auch im Humor. Wir alle haben ihn, Sie müssen ihn nicht lernen, aber Sie können lernen, auf Ihrer Humorklaviatur zu spielen und bewusst Stimmungen zu erzeugen.
Wenn Sie an Ihren Unterrichtsalltag denken, werden Sie feststellen, dass Humor immer wieder passiert. Ob Sie es wollen oder nicht. Und dass er sehr unterschiedliche Auswirkungen haben kann: angenehme, entspannende Auswirkungen und unangenehme, anspannende Auswirkungen. Humor kann wunderbare Resonanzen auslösen oder Disharmonien erzeugen. Das können Sie ignorieren oder nutzen, um zu motivieren, Vertrauen herzustellen und Lernen zu erleichtern bzw. zu beschleunigen.
Dieser Artikel kann ein humorvoller Begleiter für Ihren Unterricht sein und Ihnen neue Techniken und ungewohnte Perspektivwechsel bieten. Frei nach dem Motto „Hurra, ein Problem!“ werden Sie nach diesem Artikel mehr Handlungsmöglichkeiten in festgefahrenen Situationen haben. Beziehungsarbeit ist eine wichtige Grundlage für einen gelungenen Instrumentalunterricht. SchülerInnen fühlen sich ernst genommen, wenn ihre Lehrkräfte ihnen persönliches Interesse entgegenbringen. Humor kann einen entscheidenden Beitrag dazu leisten. Nebenbei: Gemeinsam lachen löst das Zwerchfell und entspannt Körper und Geist.
Humor kann Stimmung managen. Und zwar vor allen Dingen Ihre eigene!
Humor ist laut Duden die Fähigkeit zu heiterer Gelassenheit, auch in widrigen Momenten des Lebens. Als Richard Wagner 1877 in London mehrere Konzerte gab, war er mit den Blechbläsern gar nicht zufrieden. Da er kein Englisch konnte, wandte er sich an seinen Bekannten Deichmann, der im Orchester mitspielte: „Sagen Sie den Leuten, dass sie in jeder deutschen Stadt auf der Stelle entlassen würden, wenn sie nicht besser blasen könnten!“ Deichmann wandte sich zu seinen Kollegen und sagte: „Meine Herren, Herr Wagner ist sich vollständig der Schwierigkeiten seiner Musik bewusst und bittet Sie durch mich, Ihr Bestes zu tun und ja nicht nervös zu werden.“ Von da an ging alles glatt.1
Stimmungsmanagement
Humor kann Stimmung managen. Und zwar vor allen Dingen Ihre eigene! Der Kollege, der Ihnen die Tür vor der Nase zufallen lässt, die pubertierende Schülerin, die nie übt, aber immer eine Ausrede parat hat, oder die vergessenen Unterrichtsmaterialien: In Sekundenschnelle können bestimmte Dinge schlechte Laune erzeugen. Das kostet Kraft und Nerven. Wie schnell lassen Sie sich anstecken von den Launen anderer? Was tun Sie für Ihre gute Stimmung? Was erzählen Sie abends, wenn Sie nach Hause kommen? Die Dinge, die anstrengend waren? Oder das, was angenehm war, Sie vielleicht sogar zum Lachen gebracht hat? Eine witzige Bemerkung von einem Ihrer Schüler zum Beispiel.
Eine konkrete Technik, um den eigenen Humor zu pflegen, ist, ein Humortagebuch zu führen, witzige Geschichten aus dem Unterricht und aus Ihrem Alltag zu sammeln.
1. Ihr Fokus während des Tages verändert sich, denn Sie wollen ja auf Witziges achten.
2. Sie achten gezielt auf den Humor Ihres Gegenübers.
3. Sie werden dadurch selbst humorvoller, weil Sie Ihren „Anekdoten-Fundus“ füllen. Ganz im Sinne von Rudi Carrell, der sagte: „Wenn du etwas aus dem Ärmel schütteln willst, musst du vorher etwas hineintun.“ Füllen Sie Ihre Ärmel, sodass Sie auch in angespannten Situationen etwas herausschütteln können.
Erzählen Sie doch demnächst zu Beginn des Unterrichts oder eines Vorspiels eine humorvolle Begebenheit aus der letzten Zeit – die natürlich zum Thema passen sollte. Laden Sie zum Lachen ein und sorgen Sie für eine heitere, wertschätzende Lernatmosphäre.
Louis Armstrong hatte mit einer Plattenfirma einen Exklusivvertrag. Sein Musikproduzent hörte eine neue Platte eines anderen Labels und erkannte sofort Armstrongs charakteristisches Trompetenspiel. Er bestellte ihn zu sich und spielte ihm die Aufnahme vor. „Das war ich nicht“, sagte Armstrong, „und ich mach’s auch nie wieder.“2
Der Schüler hat nicht geübt, die Eltern haben zu hohe Ansprüche, der Überaum ist viel zu warm oder Sie selbst sind heute eher ungeduldig. Sie haben immer die Wahl, die schlechte Laune noch zu verstärken oder den Schalter umzulegen. Sie können denken: „Das ist mein wunder Punkt.“ Oder: „Das ist mein Wunder! – Punkt.“ Atmen Sie weiter, bleiben Sie spielerisch und schauen Sie, was Sie aus der „Störung“ machen können. Otto Klemperer (1895-1973), deutscher Dirigent und Komponist, unterbrach wütend eine Orchesterprobe und rief: „Die zweite Trompete ist viel zu laut!“ Der erste Trompeter rief zurück: „Entschuldigen Sie, die zweite Trompete ist noch gar nicht da.“ Darauf Klemperer mit einem Lachen: „Dann sagen Sie es ihm, wenn er kommt.“3 So managen Sie gezielt Stimmung und kreieren eine angenehme Lernatmosphäre.
1 www.zeitenschrift.com/artikel/79-symphonic-sounds-klaenge-der-all-liebe (Stand: 18.11.2019).
2 s. John Morreall: Humor Works, Amherst 1997.
3 https://opernblog.blogspot.com/2010/11/musikerwitze.html (Stand: 18.11.2019).
Lesen Sie weiter in Ausgabe 1/2020.