Humperdinck, Engelbert

Hänsel & Gretel für Streichquartett

Eine Auswahl aus der Oper, bearbeitet von Christian Hammer, Partitur und Stimmen

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Uetz, Halberstadt 2015
erschienen in: üben & musizieren 4/2016 , Seite 58

Eingängige Melodien, samtiger Streicherklang und romantische Hörner: Das sind – neben den Stimmen der HauptdarstellerInne – die wichtigsten Bestandteile von Engelbert Humperdincks Opern-Dauerbrenner Hänsel und Gretel. Die beiden Erstgenannten wird man in der Bearbeitung für Streichquartett von Christian Hammer in etwas reduzierter bzw. verschlankter Form ganz gewiss finden; auf die Hörner hingegen muss man verzichten. Ein echtes Manko, mag man denken. Doch ein Blick in die aufgeräumt wirkende Partitur macht deutlich, dass es dem Bearbeiter gar nicht so sehr um die Illusion des großen romantischen Orchesterklangs ging, sondern mehr um eine sachgerechte Transformation in ein ganz anderes musikalisches Genre.
Was in Humperdincks Originalpartitur ob der schlichten Melodien teilweise etwas aufgesetzt und schwülstig klingen mag, projiziert Christian Hammer auf ein durchsichtiges, klares und etwas neutraleres Klangideal. Banal klingen die vier Sätze deshalb trotzdem nicht. Das eröffnende „Brüderchen, komm tanz’ mit mir“ gelingt federnd und leicht, „Ein Männlein steht im Walde“ bietet ein schönes Solo der ersten Violine, der „Abendsegen“ ist sonor, aber nicht dick und mit dem „Hexenritt“ gelingt ein gut konturierter Kehraus. Bisweilen ergänzt das innere Ohr sicher die ein oder andere Bläserstimme oder einen forschen Schlagzeugakzent, doch auch auf den zweiten Blick erscheint diese instrumental drastisch reduzierte Fassung überzeugend und streichquartetttauglich.
Die beiden Violinen, die Bratsche und das Violoncello haben in allen vier Abschnitten dieses kleinen „Hänsel und Gretel“-Pot­pourris dankbare, wenngleich nicht übermäßig fordernde technische Aufgaben. Von einem guten Laienquartett oder etwas fortgeschritteneren MusikschülerInnen lässt sich dieses „Best of“ ganz gewiss treffend darstellen. Zu achten wäre dabei auf einen gut strukturierten, nicht zu dünnen Ton, einen eher vom orchestralen Tutti her kommender Klangaufbau und durchweg zügige Tempi, um Dichte und Substanz erzeugen zu können.
Wer die vier Höhepunkte aus Engelbert Humperdincks Märchenoper orchestraler und damit wieder klanglich näher am Original haben möchte, dem sei empfohlen, die Streichquartettstimmen doch einfach einem kleinen Streichorchester auf die Pulte zu legen – inklusive Kontrabass, der sehr gut eine etwas abgespeckte Cellostimme übernehmen kann und allein schon durch das 16-Fuß-Register für eine Weitung des Klangs sorgt.
Daniel Knödler