Petri-Preis, Axel / Johannes Voigt (Hg.)

Handbuch Musikvermittlung

Studium, Lehre, Berufspraxis

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: transcript, Bielefeld 2023
erschienen in: üben & musizieren 3/2024 , Seite 58

Applaus, Applaus! Den Herausgebern Axel Petri-Preis (Senior-Scientist und stellvertretender Leiter am IMP der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien) und Johannes Voigt (Professor für Musikpädagogik und Musikvermittlung an der Universität Bielefeld) ist es auf beeindruckende Weise gelungen, erstmals ein Handbuch vorzulegen, das zurecht als Grundlagenwerk der Musikvermittlung bezeichnet werden kann.
Erstmals bietet eine Publikation einen derart umfassenden Überblick über bedeutende Themen und Fragestellungen der Musikvermittlung. Sicherlich war es kein leichtes Unterfangen, bedenkt man den Facettenreichtum und die Dynamik dieses vergleichsweise noch jungen Forschungs- und Praxisfelds. Als zentrale Ressource für die Lehre an Hochschulen und Universitäten, aber auch allen PraktikerInnen der Musikvermittlung sowie allen Interessierten sei die Lektüre hiermit aufs Wärmste empfohlen.
Das Buch gliedert sich in vier große Kapitel. Nachdem im ersten Kapitel der Begriff Musikvermittlung terminologisch, historisch sowie als Forschungsfeld eingeordnet wurde, stehen im zweiten Kapitel zunächst MusikvermittlerInnen und Institutionen im Zentrum. Hier zeigt sich schnell, an welch unterschiedlichen Orten und unter welch vielschichtigen Bedingungen Musikvermittlung im deutschsprachigen Raum stattfindet. Neben Konzert- und Opernhäusern, Festivals und Rundfunkanstalten werden beispielsweise auch Vereine, Musikschulen und die Freie Szene beleuchtet.
Den AutorInnen gelingt es dabei sehr gut, einerseits für die unterschiedlichen Arbeitsstrukturen und Zielsetzungen zu sensibilisieren und andererseits Schnittstellen zur Vernetzung und Kooperation aufzuzeigen, die in der Praxis vielerorts genutzt werden. Mit dem Schlagwort der „Dialoggruppen“, das die AutorInnen aus nachvollziehbaren Gründen dem Begriff der „Zielgruppen“ vorziehen, werden abschließend Chancen und Risiken der Konzentration auf bestimmte Adressatenkreise diskutiert.
Das dritte Kapitel zeigt unterschiedliche Spannungsfelder und Diskurse auf, die Teil von musikvermittelnder Forschung und Praxis sind. So geht beispielsweise Peter Röbke, emeritierter Professor für Instrumental- und Gesangspädagogik, auf eine äußerst inspirierende Suche nach Möglichkeiten des wilden Lernens in musikvermittelnden Kontexten. Johanna Ludwig, Musikvermittlerin des Luzerner Sinfonieorchesters und Studienleiterin eines Weiterbildungsprogramms an der Hochschule Luzern, lohtet hingegen auf eindrückliche Weise musikvermittelnde Praxen zwischen den Polen Einmaligkeit und Nachhaltigkeit aus. Lisa Unterberg, Professorin für Soziale Arbeit an der IU Internationalen Hochschule Stuttgart, zeigt wiederum, welche Rolle die Musikvermittlung im Kontext der Digitalisierung einnehmen kann.
In Kapitel 4 gelingt schließlich ein vielfarbiger Blick in musikvermittelnde Praxen. Hier zeigen die AutorInnen zunächst Überschneidungen der Musikvermittlung mit verwandten Praxisfeldern wie beispielsweise der Community Music, der Elementaren Musikpädagogik sowie der Ins­trumentalpädagogik. Anschließend werden ausgewählte Praxen vorgestellt wie etwa Kompositionsprojekte, interreligiöse Musikprojekte oder Musikvermittlungsangebote für Menschen mit Demenz.
Unter den insgesamt 57 AutorInnen sind neben zahlreichen Lehrenden an Hochschulen und Universitäten aus unterschiedlichen Studienrichtungen auch viele PraktikerInnen sowohl aus der Musikvermittlung als auch aus angrenzenden Arbeitsfeldern wie beispielsweise dem Journalismus, der Theaterpädagogik oder dem Kulturmanagement. Somit entsteht ein multiperspektivischer Blick auf Musikvermittlung, der sowohl zur Reflexion einlädt, als auch Impulse zum Weiterdenken dieses dynamischen Praxisfelds bereithält. All denjenigen, deren Neugierde nun geweckt ist, sei der Besuch der Homepage des transcript-Verlags empfohlen. Dort steht eine digitale Ausgabe dieses Handbuchs als Open Access kostenfrei zur Verfügung.
Corina Nastoll