Jandl, Katrin / Peter Kellert
Harmonielehre
Alles, was du wissen musst, um Musik zu verstehen. Rock – Blues – Jazz – Pop – Klassik
Braucht die Welt eine weitere Harmonielehre? Um es kurz zu machen: Ja – wenn sie so gut gemacht ist wie das Buch von Katrin Jandl und Peter Kellert. Schon ein paar Sätze in der Einleitung machen die Absicht klar: „Harmonielehre allein macht keinen besseren Musiker aus dir. Wobei hilft dir Harmonielehre? Vieles, was du vom Musikhören und Musizieren her kennst, wird dir verständlich erklärt.“ Viel besser kann man den Sinn von Harmonielehre nicht erklären.
Getreu diesem Motto arbeiten sich die zwei AutorInnen kompakt durch das notwendige Wissen. Angefangen von Tonentstehung und Grundwissen über Notation bis zur Konstruktion von Tonleitern und Akkorden wird alles gut verständlich und ohne musiktheoretische Abschweifung erklärt. Nach den Basics werden mit Akkorderweiterungen, Tensions und modalen Tonleitern auch komplexere harmonische Phänomene angesprochen.
Besonders gut gefällt mir, dass dabei Dinge im Vordergrund stehen, die im Rock/Pop-Bereich wirklich verwendet werden. Powerchords, Sus2- und Sus4-Akkorde findet man in vielen Pophits und sie werden hier gut erklärt. Abstruse Jazz-Substitutionen findet man nicht im Buch, was vielen AnwenderInnen sicherlich den Zugang erleichtert, denn im musikalischen Alltag beschäftigt man sich mehr mit dem einen ungewöhnlichen Akkord eines Green Day-Songs als dem Versuch, vier II-V-Ketten in einem Takt unterzubringen.
Sehr gelungen ist der Schlussteil, in dem Kadenzen und Akkordfolgen erklärt werden. Neben I-IV-V-Verbindungen werden der Blues und die Kombination von Akkorden aus Dur und Moll erklärt und anhand von Beispielen aus der Praxis demonstriert, von den Fifties bis zu aktuellen Charts. So kann man einer eher abstrakt klingenden Formel wie der „Let-It-Be-Kadenz I V VI IV“ direkt diverse Songbeispiele zuordnen und das harmonische Geschehen mit dem Ohr nachvollziehen.
Die Bezeichnung „Borrowed Chords“ für Akkorde aus der Molltonart mit demselben Grundton finde ich ebenfalls sehr passend. Dieses Phänomen erklärt 90 Prozent aller Rock- und Popsongs, die nicht auf reinen Dur-Akkordfolgen basieren. Auch auf die Tatsache, dass viele MusikerInnen aus dem Indie-/Alternative-Bereich ihre Akkordfolgen eher durch Ausprobieren komponieren und so Ergebnisse erzielen, die mit traditionellen Harmonielehreregeln nicht zu erklären sind, wird im Kapitel „Random Chords“ eingegangen. Schlüssig und nachvollziehbar erklären Jandl und Kellert, wie man zu solchen Akkordfolgen eine gut klingende Melodie erzeugt und warum es am Schluss doch harmonisch klingt.
Fazit: Ein tolles Buch, das genau das erklärt, was man wissen muss, ohne abzuschweifen. Wer das, was hier über Harmonielehre drinsteht, noch nicht weiß und ernsthaft Musik machen möchte, sollte es schnellstmöglich durcharbeiten.
Martin Schmidt