Röbke, Peter

„Ich war irgendwie anders…“

Starke emotionale Momente beim Singen und Musizieren

Rubrik: Aufsatz
erschienen in: üben & musizieren 6/2014 , Seite 24

Dass Musik und Leben untrennbar miteinander verbunden sind, zeigt sich sehr deutlich dann, wenn Musi­kerInnen sich an besondere Momen­te ihres Musizierens erinnern.1

Gemeinsam mit meinem Kollegen, dem Erziehungswissenschaftler und Psychoanalytiker Helmuth Figdor, mit dem ich mich seit Jahren vor allem über das Thema „Das Musizieren und die Gefühle“2 austausche, sitze ich seit neun Jahren jeden Mittwoch im Seminarraum der Instrumental- und Gesangspädagogik an der Wiener Musikuniversität, immer gut 25 Studierende im Masterstudium um uns herum, und in jedem neuen Seminar gehen wir aufs Neue der Frage nach: Was unterrichten wir da eigentlich, wenn wir SchülerInnen die Musik, das Musizieren und den dazu notwendigen „Werkzeuggebrauch“ (also das Instrumentalspiel) nahe bringen? Und die Frage ist deshalb immer neu auf der Tagesordnung, weil alle Anwesenden spüren bzw. die Überzeugung teilen, dass das Musizieren eine Handlungs- und Ausdrucksweise sui generis ist, ein Verhalten des Menschen, das einer eigenen Logik folgt und einer spezifischen Begründung unterliegt: Die ersten Seminarsitzungen in jedem Semester stehen somit meistens unter dem Thema „Das psychologische Geheimnis der Musik“.
Als guter Einstieg erweist sich immer wieder die Bitte an die Studierenden, Situationen zu schildern, in denen das eigene Singen oder Musizieren eine überragende emotionale Bedeutung für sie hatte, also von jenen Augenblicken zu berichten, die in der Psychologie „Strong Emotional Moments“ genannt werden – wir bitten dabei die Studierenden, von positiven Erlebnissen zu berichten. Nach einer stillen Phase des Erinnerns beginnen die ersten zaghaft mit ihren Erzählungen und bald brechen die Dämme: Herzen und Münder der Studierenden gehen förmlich über.

1 Bei diesem Text handelt es sich um eine überarbeitete und ergänzte Fassung eines Abschnitts aus meinem Aufsatz „Mehr als Schmerzfreiheit. Gedanken zur körperlichen, seelischen und geistigen Gesundheit von MusikerInnen“, in: Silke Kruse-Weber/Barbara Borovnjak (Hg.): Gesund und motiviert musizieren. Ein Leben lang. Musikergesundheit zwischen Traum und Wirklichkeit, Mainz 2014 (in Vorbereitung).
2 vgl. Helmuth Figdor/Peter Röbke: Das Musizieren und die Gefühle. Instrumenalpädagogik und Psychoanalyse im Dialog, Mainz 2008.

Lesen Sie weiter in Ausgabe 6/2014.