Löschhorn, Carl Albert
Kinder-Etüden für Klavier op. 181
hg. von Ruth Taneda
Der Berliner Komponist Carl Albert Löschhorn (1819-1905) war in seiner Zeit ein anerkannter Klavierpädagoge. Seine Kinder-Etüden op. 181 sind erstmalig 1883 in Leipzig bei Peters erschienen. Es handelt sich um vierzig Etüden, ursprünglich auf zwei Bände verteilt, die jetzt bei Schott neu erschienen sind. Die Etüden sind immer paarweise angeordnet: Einer Etüde für die rechte Hand folgt in gleicher Bewegungsart eine für die linke Hand. Dadurch werden beim Durcharbeiten beide Hände gleichermaßen trainiert.
Große Griffspannen sind ausgespart, sodass Kinderhände etwa ab dem zweiten bis dritten Unterrichtsjahr diese Stücke gut spielen können. Die Sammlung richtet sich aber keinesfalls ausschließlich an Kinder, wie es der Titel vermuten lässt, sondern an Lernende jeden Alters, die ihre Spieltechnik aufbauen und trainieren wollen. Musikalisch sind diese jeweils zweiseitigen, großzügig und gut lesbar gedruckten Etüden durch manche harmonische Bereicherung interessanter als etwa die Stücke von Czerny, erreichen aber nicht ganz den Klangreiz eines Heller oder Burgmüller. Dafür lagen Löschhorn das systematische Training von Bewegungsmustern in Fünftonsequenzen, Tonrepetitionen mit und ohne Fingerwechsel und die Chromatik mit einbeziehende Geläufigkeit zu sehr am Herzen.
Da es nur den reinen Notentext ohne Tempo- und Charakterangaben, ohne Artikulation und Dynamik gibt, hat der Klavierlehrer die Aufgabe, diese wesentlichen Gestaltungsmittel selbst mit der Schülerin oder dem Schüler zu erarbeiten. Sicher wäre es interessant, eine vergleichende Ausgabe zu haben, in der alle musikalisch wichtigen Parameter mit eingearbeitet sind, ähnlich wie bei Bach-Urtextausgaben im Vergleich zu verschiedenen Bearbeitungen.
Löschhorns Fingersätze sind sehr gut und konsequent durchgearbeitet und helfen, die vorgesehenen Bewegungsmuster mit der entsprechenden Lage der Hände schnell zu erkennen. Einzig in Nummer 30 fehlt in Takt 14 in der linken Hand auf der dritten Zählzeit die 1, und in Nummer 32 müsste im zweiten Takt beim g der vierte und nicht der fünfte Finger stehen.
Etüde Nummer 15 ist mit ihren zahlreichen Zwischendominanten harmonisch ausgesprochen interessant. Die Nummer 34 bereitet mit ihrer Bewegung in e-Moll auf entsprechende Bach-Präludien vor und ab Etüde 35 findet nach und nach eine gute Einführung in die unterschiedlichen Formen der Chromatik statt.
Zwei Druckfehler stören das Klangbild: In der achten Etüde muss im achten Takt in der rechten Hand ein a’ anstelle des dort notierten g’ stehen und in der vorletzten Etüde ist in Takt 13 das ais’ verkehrt, es müsste dreimal ein a’ sein.
Christoph J. Keller