Johannsen, Paul / Marlis Mauersberger / Evemarie Müller / Julian Oswald / Jens Schünemeyer

Klassische Musik im Überblick

Epochen – Komponisten – Gattungen – Musiklehre

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Schott, Mainz 2017
erschienen in: üben & musizieren 6/2018 , Seite 52

Überblickswerke zur klassischen Musik gibt es viele. Man mag bezweifeln, dass ein weiteres Werk wirklich nötig ist. Dennoch stellt sich immer wieder neu die Frage, wie viel Raum den einzelnen Aspekten innerhalb einer Gesamtdarstellung zugemessen wird. Dabei geht es um das mehr oder weniger handliche Buchformat, sinnvolle Darstellungen und die Informationsdichte der notwendigerweise kurz gehaltenen Artikel und deren Lesbarkeit. Daher sind Gesamtdarstellungen der klassischen Musik immer auch eine große Herausforderung angesichts der vielen Aspekte, die es zu beachten gilt.
Das vorliegende, ausgesprochen handliche Werk setzt auf Vollständigkeit: Nicht nur Geschichte, auch Gattungen und Musiklehre sollen überblickt werden. Angesprochen sind im Vorwort Liebhaber, Studierende und Kenner. Auch wenn sich das Buch mit diesem Anspruch übernimmt, denn Kennern hat es nicht so viel zu bieten, so sind doch die Übersichtlichkeit, die Knappheit der Beiträge und die vielen Bilder und Grafiken ausgesprochen greifbar – auch im Sinne des vermittelten Wissens.
Beginnend mit der ägyptischen und griechischen Antike in äußerst knappen Ausführungen reicht die Darstellung über die üblichen Stationen europäischer Musikgeschichte bis zu Philipp Glass. Die Beiträge zu Komponisten sind stets ergänzt mit Werklisten, wodurch sich das Buch sehr gut für das Lernen eignet und Prüfungsfragen beantwortet wie: „Nennen Sie die wichtigsten Komponisten der Romantik und ihre wichtigsten Werke.“ Das ist auf der einen Seite recht profan, andererseits aber durchaus realistisch. Das gilt auch für die anderen Abschnitte zu Gattungen und Musiklehre, denn alles Basiswissen ist in knappen Formulierungen und übersichtlichen Grafiken verfügbar.
An einigen Stellen muss man sich fragen, warum für ein Phänomen wie den Trugschluss ein eher kompliziertes Notenbeispiel herhalten muss oder Beispiele für Poly- oder Atonalität nicht ebenso aus der klassischen Literatur entnommen wurden; warum der Tristan-Akkord erwähnt wird, nicht aber Skrjabins mystischer Akkord, ebenso wenig wie Prokofjew und Britten im Rahmen der „nationalen Schulen“. Besonders rätselhaft ob des knappen Raums wird es dann mit einer Abbildung der Elbphilharmonie, die zum Thema Solokonzert nicht wirklich Substanzielles beiträgt. So ließe sich natürlich einiges kritisieren, was aber ungerecht wäre, denn Abstriche gehören bei solch einem Vorhaben dazu.
Filmmusik und Ballett finden keinen Raum. Das ist zwar nachvollziehbar, kennzeichnet aber doch die Strategie des Buchs, nämlich ausgesprochen kanonisch angelegt zu sein und die Dinge festzuschreiben, die schon längst festgelegt sind. Das tun die Autorinnen und Autoren aber in durchaus ansprechender Art und Weise.
Steffen A. Schmidt