Zabel, Frank
Kleine Ballade
für Violoncello und Klavier
Neue Musik „zum Anfassen“ – genauer: Musik unserer Zeit, die in ihren technischen Ansprüchen auf SchülerInnen zugeschnitten ist, ohne deswegen harmlos oder vermeintlich kindgerecht daherzukommen – ist nach wie vor Mangelware. Allzu wenige KomponistInnen stellen sich der gewiss schwierigen Aufgabe, Brücken zu schlagen zwischen Vokabular und Syntax zeitgenössischer Musik und der Umsetzungsfähigkeit solcher Sprachelemente durch Schüler. Nicht von Wunderkindern, wohlgemerkt, ist die Rede, sondern von SchülerInnen der Unter- und Mittelstufe, deren musikalisches Arbeitsmaterial nach wie vor zum größten Teil vergangenen Epochen und nur sehr selten aktueller Produktion entstammt.
Frank Zabel, Jahrgang 1968, hat in Köln und Detmold studiert und wirkte zehn Jahre lang als Tonsatz-, Kompositions- und Improvisationslehrer an der Musikschule Lüdenscheid. Seit 2001 ist er als Professor an der Robert-Schumann-Hochschule Düsseldorf tätig, nachdem bereits 1997 ein Lehrauftrag an der Kölner Hochschule das Spektrum seiner pädagogischen Arbeit um die studentische Ebene erweitert hatte. In dieser Zeit machte sich Zabel auch als Komponist, Pianist und Konzertorganisator einen Namen. Prominente Interpreten wie Andreas Scholl, das Minguet Quartett und viele andere machten seine Musik bekannt, für verschiedene Kammermusikkompositionen erhielt er Preise in Europa, den USA und Japan.
Im vorliegenden Fall haben sich pädagogisch-kompositorischer Background und privater Anlass offenbar glücklich überschnitten: Beide Werke sind Zabels Cello spielendem Sohn Niklas gewidmet und wurden von ihm im Rahmen des Wettbewerbs „Jugend musiziert“ uraufgeführt. Im Vergleich lässt sich vor allem feststellen, dass Zabel junior innerhalb von drei Jahren tüchtig Fortschritte gemacht hat! Der Cellopart der im Jahr 2000 geschriebenen Kleinen Ballade ist für einen wachen Schüler der Unter- oder beginnenden Mittelstufe problemlos zu bewältigen. Mit zwei Ausnahmen verbleibt die linke Hand im Bereich der 1. Lage, allerdings braucht es für eine Flageolettpassage im Mittelteil – einem geisterhaften Quasi-Improvisando, das zum umrahmenden Allegro maestoso eindrucksvoll kontrastiert – erhöhte Rutschbereitschaft auf der A-Saite.
Drei Jahre später gehörte Im Dunkeln zu Niklas’ Wettbewerbsprogramm, und hier begegnen wir deutlich höheren Anforderungen: Der gesamte Bereich bis zur 6. Lage muss sicher beherrscht werden, darüber hinaus gilt es, charakteristische Spieltechniken Neuer Musik wie sul ponticello, Bartók-Pizzicato, col legno (ob battuto oder tratto gemeint ist, wird leider aus dem Zusammenhang nicht immer deutlich) und deren schnelle Wechsel mit der ordinario-Spielweise zu bewältigen. Vor allem aber haben wir es mit einer taktstrichlosen Improvisation zu tun, d. h. hier sind Timing, rhythmische Organisation, freier solistischer Vortrag gefordert.
Beide Werke, im Verlag des Dortmunder Cellisten Hauke Hack erschienen, machen viel Spaß. Fortsetzungen hoch willkommen: Insbesondere die Noch-nicht-ganz-so-Weiten und ihre Lehrkräfte freuen sich über Werke wie die Kleine Ballade.
Gerhard Anders