Thoma, Xaver Paul
Kleine Duette op. 129
für zwei Violinen, Band I
In der Ikuro Edition sind zwölf Kleine Duette für zwei Violinen des 1953 geborenen Bratschisten und Komponisten Xaver Paul Thoma erschienen. Der Autor will seine kleinen Miniaturen nicht als „pädagogische Musik“ verstanden wissen, sondern als Kompositionen, die sowohl im Unterricht wie im Programm professioneller MusikerInnen ihren Platz haben sollen. Er belegt dies durch die Angabe der Uraufführungsdaten aus den Jahren 2002 bis 2006. „Einfachheit“ in der kompositorischen Struktur soll dabei genügend Substanz auch für professionelle Musiker bieten.
Junge MusikerInnen können hier im Zusammenspiel ein Repertoire erfahren, das in der Tonsprache unserer Zeit geschrieben wurde. Groß ist dabei sicher das Risiko, dass freier Tonsatz und um Zentralklänge gruppierte Dissonanzen für den professionellen Spieler reizvoll und spannend wirken, aber für Schüler, die noch auf dem Weg der Annäherung an neue Tonsprachen sind, befremdlich. Dieser Balanceakt scheint in der kleinen Sammlung, der wohl bald ein zweiter Band folgen soll, gelungen. Der Komponist führt die jungen SpielerInnen in verschiedene streicherische Spieltechniken „moderner“ Tonsprache auf einem spieltechnisch angepassten Niveau ein.
Im Bereich der 1. bis 4. Lage – der Komponist gibt dazu genaue Anweisung – bietet sich zwischen gut zu bewältigenden Anforderungen an das Doppelgriff- und Akkordspiel und an die Fähigkeit, Strichtechniken wie Spiccato, Saltando, Staccato, Tremolo und Legatospiel auszuführen, Gelegenheit, dynamischen Klangsinn zu entfalten. Entsprechende Passagen wechseln mit sul ponticello und sul tasto ab. Angereichert mit musikalischen und spieltechnischen Effekten wie der Kombination verschiedener Asymetrien in Metrik und Rhythmus zwischen den beiden Violinstimmen (Nr. IV), Ostinato-Figuren, die augmentiert und synkopiert werden (Nr. IX) sowie Flageolettespiel wird den SpielerInnen ein hohes Maß an dynamischer Gestaltungskraft zwischen vierfachem piano, ff und sffz abverlangt.
Als besonders wirkungsvolle Charakterstudie wird das Scherzando (Nr. II) empfunden, welches schon einige Anforderung sowohl in technischer Hinsicht wegen der schnellen Wechsel zwischen arco, pizzicato und wechselnder Bogenkontaktstellen als auch an die Fähigkeit zum Zusammenspiel stellt. Reichlich Gelegenheit zu dynamisch sinnlichem Spiel bieten die ruhigeren Duette Nr. I und III wie auch das in fließendem Tempo zu spielende Duett Nr. IV und das in kommunizierender Gegenbewegung gehaltene Duo Nr. IX.
Die kleine Sammlung ist eine reizvolle und pädagogisch gut einsetzbare Ergänzung zeitgenössischer Duoliteratur für zwei Streichinstrumente, die in der Tat auch das Interesse professioneller SpielerInnen wecken kann.
Uwe Gäb