© Angelus Schnabl

Flosdorf, Dietmar

Klingende Lebensgeschichten

Ein Musikvermittlungsprojekt mit Kindern, Studierenden und SeniorInnen

Rubrik: Aufsatz
erschienen in: üben & musizieren 6/2017 , Seite 22

Das Projekt “Klingende Lebens­geschichten” fand mit Studierenden der Universität für Musik und ­darstellende Kunst Wien im Winter­semester 2014 statt und brachte ­erstmalig mehrere Generationen und in unmittelbarer Nachbarschaft liegende Institutionen aus den Bereichen Soziales, Bildung und Kultur, die noch nie miteinander gearbeitet hatten, für ein gemeinsames Projekt zusammen.

Als Dozent der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien ist es meine Aufgabe, mit Studierenden Projekte zur Musikvermittlung praktisch umzusetzen. Dabei ist es mir ein Anliegen, die Studierenden mit sozialen Kontexten in Berührung zu bringen, die in ihrer Lebenswirklichkeit als angehende KünstlerInnen, MusikerInnen oder PädagogInnen und im Studium zunächst keinen großen Raum einnehmen, aber in ihrem späteren Berufsleben eine um so größere Rolle spielen könnten. In diesem Fall entschied ich mich für das in unserer Gesellschaft ausgeblendete und oft in Betreuungseinrichtungen abgeschobene Altern.

„Die Musikuniversität ist so etwas wie ein geschützter Rahmen, in dem der Student Fehler machen darf und auch soll. Was einem Studenten jedoch nicht gesagt wird, ist, dass er in der Welt da draußen nicht so ein behütetes Umfeld vorfinden kann wie eben auf der Universität.“ (M.)

Im Projekt „Klingende Lebensgeschichten“ wurden SeniorInnen eingeladen, in einer Volksschule den SchülerInnen ihre Lebens­erinnerungen zu erzählen. Die Kinder konnten so in vergangene Lebenswirklichkeiten eintauchen, die ihnen im Vergleich zu ihren eigenen unvorstellbar erschienen. Die SeniorInnen wiederum fühlten sich durch das Interesse der Kinder und Studierenden in ihrer Lebensgeschichte gewürdigt.

„Sicherlich war dieses Projekt sehr bereichernd für mich hinsichtlich der pädagogischen Arbeit abseits meines Instruments. Ich habe mich hier außerhalb meiner eigenen ,Komfort-Zone‘ bewegt und dadurch einen ,abstrakteren‘ Zugang zu meiner Violine gewonnen, der für zukünftige Projekte bereichernd sein wird.“ (J. B.)

Die Kinder wurden gebeten, diese Erinnerungen in selbst gemalten Bildern zu visualisieren und dann durch die gemeinsam entwickelte und diskutierte Umsetzung in Klänge und Geräusche mit Musik neu zu erzählen. Dieser Prozess weckte und schulte bei den Kindern auf elementarer Basis erste wichtige Grundlagen des gemeinsamen Musizierens, Improvisierens und Komponierens und intensivierte durch die Einbindung der SeniorInnen die Begegnungen aller mit- und unter­einander. Die SeniorInnen konnten, soweit vorhanden und altersbedingt noch möglich, darüber hinaus ihre instrumentalen und sängerischen Fähigkeiten einbringen. Höhepunkt dieser Begegnungen war, bei einem Abschlusskonzert gemeinsam auf der Bühne zu stehen und öffentliche Anerkennung zu bekommen.


Lesen Sie weiter in Ausgabe 6/2017.