Vandré, Philipp / Benjamin Lang (Hg.)

Komponieren mit ­Schülern

Konzepte – Förderung – Ausbildung

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: ConBrio, Regensburg 2011
erschienen in: üben & musizieren 1/2012 , Seite 51

In vier Abschnitten bietet diese Neuveröffentlichung einen sorgfältig edierten Überblick auf der Basis von Beispielen aus unterschiedlichen kompositionspädagogischen Handlungsfeldern, da­zu Roundtables und einführende Beiträge. Der zweite und längste Teil „Klänge entdecken und gestalten“ versammelt Beispiele der elementaren Workshoparbeit: die Winsener Kompositionsklasse für Kinder und Jugendliche, das Projekt „Abenteuer Neue Musik“, das Dresdner Education-Projekt „Neue Musik erleben und gestalten“, ein Projekt mit Open-Source-Software des Kunstraums Tosterglope sowie das Modell „Klangradar 3000“ in Hamburger Schulklassen.
Der dritte Teil „Handwerk – Stil – Form“ versammelt Beschreibungen der Komponistenklassen in Sachsen-Anhalt und Dresden, in Düsseldorf und in Stuttgart, vom Bundeswettbewerb Komposition der Jeunesses Musicales und von „Jugend komponiert“ in Baden-Württemberg.
Im vierten Teil geht es um Vernetzung und Fördermaßnahmen in Niedersachsen, das Frankfurter „Response“-Projekt, Kompositionslehre an der Uni Oldenburg und die kompositionspädagogische Arbeit an der Folkwang-UDK Essen. Auf zehn Seiten am Schluss jedes Beispiel-Teils bieten die Roundtable-Gespräche mit ReferentInnen und TeilnehmerInnen einen Einblick in Aspekte und Argumente der aktuellen Diskussion zur kompositionspädagogischen Arbeit.
Der erste Teil präsentiert drei Sichtweisen auf das Tagungsthema: Peter Schatt berichtet von einem Kompositionsprojekt mit SchülerInnen, das vorliegende Thesen zur Produktionsdidaktik bestätigt, wonach kompositionspädagogisches Arbeiten besser musikalisch-ästhetische Bildungs­erfahrungen ermöglicht, wenn die SchülerInnen mit selbst gewähltem Material nach eigenen Kriterien arbeiten können. Claudia Bullerjahn bietet einen informativen Forschungsüberblick zum Verhältnis von Musik und Kreativität. Entwicklungsschemata für Kreativität gibt es demnach nicht, aber eine allgemeine Erkenntnis bestärkt eine bestimmte Kompositionspädagogik: „Musikalische Kreativität findet statt als kontextualisierte und situationsbezogene Handlung.“
Wolfgang Lessings eröffnender Beitrag bringt zwei Aspekte ins Spiel, die für das elementare Komponieren folgenreich sein könnten: dass erstens die Trennung von Komponisten und Interpreten noch recht jung ist (also durchaus keine musikalische Universalie) und zweitens die traditionelle Notenschrift in ­Kinderkompositionen die Wahrnehmbarkeit der „real vorhandenen kindlichen Weltsicht“ eher verstellt als ermöglicht. Als konsensfähigen Kerngedanken verstehe ich, dass Komposition durch Entscheidungen gekennzeichnet ist, die in (ex- oder internem) ästhetischem Streit begründet werden. – Ein nützliches Buch für eine kommende Kompositionspädagogik und für jeden, der sich über den Diskurs informieren möchte.
Christopher Wallbaum