Bauchrowitz, Frank
Konflikten vorbeugen
Unterrichtsverträge sinnvoll und sicher gestalten
Unterrichtsverträge bilden die juristische Basis, auf der Musikschulen und Privatlehrkräfte mit ihren Schülern und Schülerinnen verbunden sind. Sie sollen der Musikschule kontinuierlich das Unterrichtsentgelt sichern und Konflikte vermeiden. Frank Bauchrowitz gibt Tipps zur sinnvollen und sicheren Gestaltung von Unterrichtsverträgen.
Zur vertraglichen Regelung von Instrumental- oder Gesangsunterricht werden sogenannte Direktunterrichtsverträge abgeschlossen, die wiederum als Dienstverträge einzustufen sind. Es können Unterrichtsverträge mit sehr unterschiedlichen Bedingungen gestaltet werden. Nachfolgend stellen wir typische Regelungspunkte und Lösungen für häufig auftauchende Probleme vor.
Vertragsparteien
Zunächst sollten im Vertrag die Parteien so genau wie möglich bezeichnet werden. Auf der einen Seite ist dies der Privatmusiklehrer/die Privatmusiklehrerin oder die Musikschule bzw. deren Träger. Bei Letzterer ist eine genaue Parteibezeichnung wichtig. Ist die Musikschule beispielsweise als eingetragener Verein organisiert, lautet die korrekte Bezeichnung in aller Regel „Musikschule XY e. V., vertreten durch ihren Vorstand, dieser wiederum vertreten durch die erste Vorstandsvorsitzende Z“. Hier ist darauf zu achten, dass die Satzung eventuell andere Vertretungsregelungen vorsieht, z. B. dass der Vorstand durch den 1. und den 2. Vorstandsvorsitzenden gemeinsam vertreten wird. Dann ist die Formulierung entsprechend anzupassen. Bei Musikschulen, die von Einzelpersonen geführt werden, ist diese Person als Vertragspartner anzugeben und nicht nur der Name der Musikschule. Korrekt ist also z. B. „Musikschule XY, Inhaberin Julia Meier“.
Auf der anderen Seite sind die Vertragspartner meistens die Eltern des zu unterrichtenden Kindes. Hier sollten möglichst beide Erziehungsberechtigte als Vertragspartner aufgenommen werden und auch darauf geachtet werden, dass beide den Vertrag unterschreiben. So haben die Musikschule oder die Privatmusiklehrerin bei Zahlungsverzug zwei Schuldner, von denen sie das Unterrichtsentgelt fordern können. Dies kann auch, sofern der schlimmste Fall eintritt, die Zwangsvollstreckung vereinfachen, da auf das Vermögen beider Vertragspartner zugegriffen werden kann, wenn eine gesamtschuldnerische Haftung vorliegt. Der leicht erhöhte administrative Aufwand kann sich also lohnen.
Vertragsbeginn und Laufzeit
Weiterhin sollte festgelegt werden, wann die erste Unterrichtseinheit stattfinden soll. Dies ist deshalb wichtig, da ab diesem Datum der Anspruch auf das Unterrichtsentgelt entsteht. Darüber hinaus sollte geregelt werden, ob der Vertrag befristet (also für eine bestimmte Zeit) oder unbefristet laufen soll. Befristete Verträge laufen grundsätzlich bis zum Ende der festgelegten Vertragslaufzeit. Wurde eine automatische Verlängerung vereinbart, so tritt diese in Kraft, sofern der Vertrag nicht rechtzeitig gekündigt wurde.
Die Erstlaufzeit des Vertrags sollte nicht mehr als sechs Monate betragen. Musikunterrichtsverträge greifen relativ stark in die Freizeitgestaltung des Schülers bzw. der Schülerin ein. Zudem ist Musikunterricht in der Regel mit vergleichsweise hohen Kosten verbunden. Eine übermäßig lange Bindung könnte daher mit § 307 Abs. 1 BGB kollidieren. Dort heißt es: „Bestimmungen in allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen.“ Der Zeitraum von sechs Monaten ist für die Vertragsparteien überschaubar und stellt einen guten Kompromiss zwischen den Interessen des Schülers hinsichtlich einer annehmbaren Bindung an den Unterrichtsvertrag und der Planungssicherheit sowie den wirtschaftlichen Interessen der Musikschule bzw. der Privatlehrkraft dar.
Die automatische Verlängerung der Laufzeit im Fall einer nicht rechtzeitigen Kündigung kann schon im Vertrag vereinbart werden (Verlängerungsklausel). Der Verlängerungszeitraum sollte sechs Monate ebenfalls nicht überschreiten, um die Benachteiligung der Vertragspartner auch hier zu vermeiden. Für unbefristete Verträge ist in der Regel eine fristgerechte Kündigung (siehe unten) notwendig, damit das Vertragsverhältnis endet.
Unterrichtsmodalitäten
Auch die Modalitäten des Unterrichts sollten genau festgeschrieben werden. Dazu gehören insbesondere folgende Punkte:
– Was wird unterrichtet (welches Instrument und welche Stilrichtung)?
– Wo findet der Unterricht statt?
– In welcher organisatorischen Form findet der Unterricht statt, als Einzel- oder Gruppenunterricht mit maximal bis zu wie vielen Schülerinnen bzw. Schülern?
– Wie lange dauert eine Unterrichtseinheit?
– In welchem Rhythmus findet der Unterricht statt, z. B. wöchentlich, mehrmals wöchentlich, vierzehntägig?
– Wann findet der Unterricht statt und wie wird der Unterrichtstermin bei Bedarf angeglichen?
Für den Unterrichtsort und die Unterrichtszeit sollte ausdrücklich geregelt werden, dass diese im zumutbaren Rahmen auch dauerhaft durch die Musikschule bzw. die Privatmusiklehrkraft geändert werden können. Eine Regelung sollte auch für den Fall vereinbart werden, dass sich die Zeitgestaltung des Schülers, z. B. durch Wechsel des Schulstundenplans, verändert und wie dann eine Terminabstimmung erfolgen kann. Der Privatmusiklehrer bzw. die Musikschule gehen ansonsten das Risiko ein, dass ihre Vertragspartner ein außerordentliches Kündigungsrecht erlangen, da diese auf den Schulstundenplan keinen Einfluss haben und Schulpflicht besteht.
Unterrichtsvergütung
Ausgangspunkt für die im Vertrag zu nennende Unterrichtsvergütung sollte bei befristeten Verträgen immer die Vertragslaufzeit bzw. der Verlängerungszeitraum (bei unbefristeten Verträgen: das Unterrichtshalbjahr) unter Einschluss der gesetzlichen Schulferien und Feiertage sein. Dem Vertragspartner sollte aber die Möglichkeit eingeräumt werden, dass er das genannte Honorar in monatlich gleichen Raten zahlt. Dies hat folgenden Vorteil gegenüber der Monatsvergütung:
Durch die Rechtsprechung ist entschieden (z. B. OLG Frankfurt, 6 U 209/90 oder LG Nürnberg-Fürth vom 23.02.2000; Az.: 3 O 540/99), dass Vertragspartner von Unterrichtsverträgen nicht verpflichtet sind, in den Schulferien und an den gesetzlichen Feiertagen das Unterrichtsentgelt zu entrichten, wenn kein Unterricht stattfindet. Diese Unterbrechungen hätten bereits in der Kalkulation des Unterrichtsentgelts berücksichtigt werden müssen, so die Rechtsprechung.
Wird das Honorar allerdings für die gesamte Vertragslaufzeit genannt und darauf hingewiesen, dass an den gesetzlichen Feiertagen und Schulferien kein Unterricht stattfindet, dann wurde dem Schüler der Preis für den gesamten Zeitraum bekanntgegeben und die Voraussetzung der Einkalkulierung der Unterbrechungen ins Gesamthonorar sind erfüllt.
Auch sollte angegeben werden, auf welches Konto die Zahlungen zu leisten sind. Es kann auch ein SEPA-Lastschriftmandat vereinbart werden.
Kommt die Musiklehrerin zum Unterrichten ins Haus, dann sollte sie sich die Fahrtkosten erstatten lassen und dies mit in den Vertrag aufnehmen. Da die Anfahrtszeit der Lehrerin ebenfalls zumindest teilweise vergütet werden muss, sind 0,50 Euro bis 1,00 Euro pro gefahrenem Kilometer entsprechend angemessen.
Auch sollte vereinbart werden, wann das Honorar fällig wird. Dann ist gem. § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB klar, wann die Vertragspartner der Musikschule in Zahlungsverzug geraten – sogar ohne weitere Mahnung. Ab diesem Zeitpunkt haben die Vertragspartner der Musikschule bzw. des Privatlehrers auch Zinsen und Rechtsverfolgungskosten zu zahlen. Dies bedeutet: Schaltet die Musikschule für die Geltendmachung ihrer Forderungen einen Rechtsanwalt ein, so müssen die Vertragspartner in der Regel die anfallenden Rechtsanwaltsgebühren als Verzugsschaden bezahlen.
Erhöhung des Unterrichtsentgelts
Die Musikschule oder die Privatmusiklehrkraft kann das Honorar nach „billigem Ermessen“ erhöhen. Preiserhöhungen dürfen im Rahmen eines Unterrichtsvertrags aber nicht zur Erzielung eines höheren Gewinns dienen. Die Vertragspartner müssen den Grund der Erhöhung, das Ausmaß und die Berechtigung nachprüfen können. Ebenso muss bei Vertragsabschluss die Honorarerhöhung unvorhersehbar gewesen sein.
Ist hingegen schon bei Vertragsabschluss absehbar, dass ein Grund für eine Entgelterhöhung zukünftig gegeben ist, so sollte ein Staffelhonorar vereinbart werden. Den Vertragspartnern muss außerdem ein Sonderkündigungsrecht zugestanden werden, wenn die Preiserhöhung wesentlich über den Anstieg der allgemeinen Lebenshaltungskosten hinausgeht.
Regelungen bei Ausfallstunden und im Krankheitsfall
Unterrichtsstunden, die ausfallen, sind des Öfteren Anlass für Auseinandersetzungen zwischen Eltern und Musikschule bzw. Privatlehrkraft. Irrigerweise meinen Eltern oft, sie hätten einen grundsätzlichen Anspruch auf das Nachholen einer ausgefallenen Unterrichtsstunde. Dem ist nicht so, die Gesetzeslage sieht anders aus.
Grundsätzlich müssen zwei Fälle unterschieden werden, nämlich der, dass die Schülerin absagt, von dem, dass der Lehrer absagt.
Kommt eine Schülerin nicht zum Unterricht und kann in dieser Zeit kein anderer Schüler unterrichtet werden, ist das Honorar trotzdem an die Musikschule zu zahlen (vgl. § 615 BGB). Hierbei spielt es keine Rolle, ob die Schülerin krank ist oder aus anderen Gründen nicht kommt. Der Vergütungsanspruch bleibt ebenfalls bestehen, wenn der Ausfall durch einen nicht in der Musikschule oder der Lehrkraft begründeten Ausfallgrund bedingt ist: Fälle höherer Gewalt, etwa plötzlich eintretende Unwetter, Überschwemmungen oder nicht vorhersehbare Streiks bei Dritten.
Wenn die Lehrkraft wegen pädagogisch- künstlerischer Aktivitäten oder Fortbildungen den Unterricht ausfallen lässt, muss die Stunde hingegen nachgeholt oder das Unterrichtsentgelt erlassen werden, weil dann der Grund für den Ausfall in der Person der Lehrkraft liegt und sie den Ausfall zu verschulden hat.
Der Vergütungsanspruch bleibt allerdings auch in diesen Fällen bestehen, ohne dass die Stunde nachgeholt werden muss, wenn die Lehrkraft für eine „verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in ihrer Person liegenden Grund ohne ihr Verschulden“ am Unterricht gehindert wird (§ 616 Satz 1 BGB).
Bekommt der Lehrer beispielsweise eine Grippe und muss deshalb den vereinbarten Unterricht einmal absagen, müssen die Vertragspartner gleichwohl zahlen, ohne dass die Stunde nachgeholt werden müsste, obwohl Krankheit ein in der Person des Lehrers liegender Grund ist. Aus Gründen der Kulanz kann man aber selbstverständlich von der Regelung des § 616 Satz 1 BGB keinen Gebrauch machen oder ihn sogar vertraglich ausschließen.
Im Vertrag können diese vom Gesetz vorgesehenen Regelungen nochmals ausdrücklich mit aufgenommen werden. Es kann aber auch angegeben werden, wie viele Unterrichtsstunden die Lehrkraft unter welchen Umständen pro Jahr als Serviceleistung nachunterrichtet, wenn Unterricht ausgefallen ist. Kundenfreundlich für den Krankheitsfall des Schülers sind Regelungen dazu, ab welcher Krankheitsdauer das Unterrichtsentgelt wieder gutgeschrieben wird.
Kündigungsfristen
Zu den Kündigungsfristen beider Vertragsparteien sollte ebenfalls eine Regelung getroffen werden. Wird dies nicht getan, gelten zwar die gesetzlichen Kündigungsfristen des § 621 BGB. Diese entsprechen aber oft nicht der Interessenlage der Parteien. Denn die Fristen müssen einerseits auf die Verlängerungszeiträume von befristeten Verträgen abgestimmt sein. Andererseits müssen sie auch zu den Kündigungsfristen der (Honorar-)Verträge der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter passen, damit eine effektive Personalplanung möglich ist.
Die Fristen sollten aber nicht zu kurz gewählt werden, damit die Musikschule eine gewisse Planungssicherheit erlangt. Bei unbefristeten Verträgen kann beispielsweise eine Frist von sechs bis acht Wochen zum Unterrichtshalbjahr vereinbart werden. Bei befristeten Verträgen mit Verlängerungsklausel sind in der Regel ebenfalls sechs bis acht Wochen zum Ende der Vertragserstlaufzeit bzw. Vertragsfolgelaufzeit angemessen. Wird nicht gekündigt, verlängert sich der Vertrag dann automatisch um die Folgelaufzeit.
Fristlos kann von beiden Seiten „aus wichtigem Grund“ gekündigt werden (§ 626 BGB). Zu den anerkannten Gründen gehören zum Beispiel langfristige Krankheiten oder zu häufige Ausfälle bzw. zu häufige Terminverlegungen durch die Musikschule. Fehleinschätzungen der eigenen Lernbereitschaft und Lernfähigkeit, der persönlichen Belastbarkeit und der intellektuellen Fähigkeiten hat dagegen der Schüler oder die Schülerin zu verantworten. Hier ist in der Regel kein Kündigungsgrund gegeben (BGH NJW 1984, 1531). Der BGH hat zudem jüngst für Verträge von Fitnessstudios entschieden, dass auch ein Umzug nicht zu einer außerordentlichen Kündigung berechtigt (Az.: XII ZR 62/15). Diese Rechtsprechung ist sehr wahrscheinlich auf Unterrichtsverträge übertragbar.
Die Privatmusiklehrkraft bzw. die Musikschule kann z. B. aus wichtigem Grund kündigen, wenn die anderen Vertragsparteien im Zahlungsverzug sind oder der Schüler oder die Schülerin den Lehrbetrieb nachhaltig stört. Dies sollte auch nochmals ausdrücklich im Vertrag festgehalten werden.
Für jede Art der Kündigung sollte Schriftform vereinbart werden.
Fazit
Die angesprochenen Punkte stellen das Minimum dessen dar, das in einem Unterrichtsvertrag geregelt werden sollte. Daneben gibt es aber die Möglichkeit, zahlreiche weitere individuelle Abreden zu treffen. Um einen konsistenten und konfliktentschärfenden Vertrag zu erhalten, können sich Musikschulen und Privatlehrkräfter bei der Erstellung ihres Vertrags beraten lassen oder ihren bestehenden Vertrag überprüfen lassen.