Kraft, Anton
Konzert Nr. 2 C-Dur op. 4
für Violoncello solo und Orchester, Urtext Edition, Klavierauszug und Stimmen
Unstrittig ist sein Rang unter den berühmten Cellisten, unstrittig sind auch seine engen Verbindungen zu den drei Großen der Klassik: Haydn, Mozart und Beethoven. Korrigiert wurde indes vor einigen Jahren durch die Musikforschung jene Gedankenverbindung, die sich lange Zeit einstellte, sobald die Rede auf Anton Kraft (1749-1820) kam:
Er war nicht der Widmungsträger des Haydn’schen D-Dur-Cellokonzerts, noch gar der eigentliche Komponist des – Haydn „zugewiesenen“ – Werks. Hieran erinnert Herausgeber Markus Möllenbeck im höchst informativen Vorwort zur vorliegenden Neuausgabe. Dass Kraft neben Haydn viele Jahre in Diensten der Grafen Esterházy stand, dass er 1789 gemeinsam mit Mozart dessen Divertimento KV 563 musizierte, dass er 1804 den Cello-Solopart des Beethoven’schen Tripelkonzerts in der Premiere des Werks spielte, dass er als Cellist im Schuppanzigh-Quartett und als Kammervirtuose beim Fürsten Lobkowitz wirkte – dies alles ist verbürgt und bezeugt Krafts außerordentliche Fähigkeiten auf dem Cello.
Wie fast alle Protagonisten der Virtuosenzeit hat Kraft auch Musik für sein Instrument geschrieben. Während ihrer gemeinsamen Esterházy-Zeit erteilte Haydn ihm Kompositionsunterricht, später orientierte sich Kraft stilistisch am frühen Beethoven. Krafts groß besetztem 2. Cellokonzert ist diese Umgebung deutlich anzuhören. Herausgeber Möllenbeck vermutet, dass das Werk nicht lange vor der Erstdrucklegung 1804, also etwa zeitgleich mit Beethovens Tripelkonzert, entstanden sein dürfte. Der fanfarenartige Beginn, starke motivische und dynamische Kontraste, erregtes Dialogisieren zwischen Soloinstrument und Orchester, die tonartliche Entrücktheit des Mittelsatzes, überraschende Wendungen und Modulationen: Wir vernehmen allenthalben die Musiksprache des frühen 19. Jahrhunderts.
Die technischen Anforderungen des Soloparts sind enorm: Große Sprünge, Terzpassagen, Dreiklangsbrechungen in rasendem Tempo, intonatorisch empfindliche Kantilenen in hoher Lage, Bariolagen beherrschen die Szene. Kein Stück für zwischendurch! Einige Fingersatzempfehlungen, die sich im Breitkopf-Erstdruck fanden, wurden in die Urtextausgabe übernommen. Vertretern der Zunft bieten solche „Relikte“ immer wieder interessante Aufschlüsse über technische Usancen vergangener Zeiten.
Den Herausgeber-Aktivitäten Möllenbecks und der Edition Walhall verdanken wir bereits zahlreiche textkritische Neuausgaben von Cellokonzerten des 18. und frühen 19. Jahrhunderts. Der vorliegenden Publikation kommt in diesem Kontext besonderer Rang zu. Die Ausgabe enthält zudem eine Besonderheit: eine kombinierte Vc-solo/Bass-Stimme, perfekt geeignet, um den Lernenden des Soloparts im Unterricht durchgehend zu begleiten. Virtuosen CellistInnen sei geraten: Zugreifen!
Gerhard Anders


