Lampenfieber

Amazon verzeichnet 305 Einträge zum Thema Lampenfieber, davon allein 16 speziell im musikalischen Bereich; die Einträge im Internet zu diesem Thema sind Legion, ob es sich nun um Seminarangebote, Erfahrungsberichte oder anderes handelt. Es sieht ganz danach aus, als würde dieses Thema einen größeren Bereich unseres Lebens ausmachen, als so manch einer zugeben mag.
Noch nicht sehr lange ist es her, da gehörte dieser Aspekt des (Musiker-)Lebens nicht zur Ausbildung, keiner sprach darüber, niemand bot Hilfe an. Das hat sich an vielen Hochschulen mittlerweile geändert, so zum Beispiel an der Freiburger Musikhochschule, an der die Autorin Claudia Spahn lehrend tätig ist. Sie ist selbst ausgebildete Musikerin und wird das Phänomen Lampenfieber am eigenen Leib erfahren haben. Dass sie zusätzlich noch Human-Medizinerin ist –  Spahn leitet das Freiburger Ins­titut für Musikermedizin –, erweist sich für hilfesuchende LeserInnen als Glücksfall, nicht nur für KünstlerInnen, die sich dem Publikum stellen müssen, sondern auch für andere Berufsgruppen, bei denen Auftritte vor Publikum zum Alltag gehören.
Nach der ausführlichen Analyse der Grundlagen des Lampenfiebers – was ist es, warum und wie tritt es auf, wie verläuft es, wie häufig ist es? – kann man seinen eigenen Lampenfieber-Typ annähernd bestimmen. Beruhigend, dass zum Beispiel die Ausprägungen bei Caruso viel schlimmer waren als bei einem selbst! Es folgen die Analyse der Faktoren, die Lampenfieber beeinflussen können, und dann der umfangreichste Teil des Buchs, der dem Umgang mit dem Lampenfieber gewidmet ist. Hier spielen verschiedene Ansätze eine Rolle, ob nun selbstreflexiv, körperbezogen, kognitiv, mental, settingbezogen oder kreativ. Dazu gehören natürlich auch Übungen zum Warm-up, zur Aufrichtung, Bühnenpräsenz und Spannungsregulation, wie sie auch SchauspielerInnen nutzen.
Mit 160 Seiten handelt es sich bei dieser Ausgabe tatsächlich um ein „Handbuch“: Es ist handlich und leicht, nichts spricht dagegen, es im Instrumentenkoffer zur mentalen Unterstützung mitzuführen. Man wird es immer wieder zur Hand nehmen wollen, sei es als Gedächtnisstütze für die vielen unterschiedlichen Lockerungsübungen oder zur Beruhigung.
Wer sich zum Thema Lampenfieber eingehender informieren möchte, ist mit fast acht Seiten Literaturhinweisen bestens bedient. Ergänzend sei noch erwähnt, dass Claudia Spahn Fortbildungen für Musiklehrkräfte im Rahmen des Mentorenprogramms der Musikschulakademie Schloss Kapfenburg anbietet.
Sibylle Wähnert