Best, Holger / Walter Mengler (Hg.)

Leichte Cello-Etüden

Band 1: Elementare Technik in der ersten und halben Lage

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Schott, Mainz 2014
erschienen in: üben & musizieren 4/2014 , Seite 58

Etüden, daran erinnern die Herausgeber, sind unverzichtbar auf dem Weg zu einer soliden Instrumentaltechnik. Etüden, so wäre zu ergänzen, können und sollten auch Spaß machen. Uns ­Unterrichtenden widerfährt es durchaus, dass sich der Schüler oder die Schülerin nach Überwindung der anfänglichen Standardablehnung zu Äußerungen wie „eigentlich ganz schön“ durchringt, zumal wenn es gelingt, Etüden als stressfreie Experimentierfelder zu präsentieren. Auch hierauf weisen die Editoren völlig zu Recht hin: Grundparameter wie Tempo, Artikula­tion und Dynamik können individuellen Bedürfnissen angepasst werden. Es kann überdies sinnvoll sein, Etüden unvollendet liegen zu lassen und zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufzugreifen.
Insbesondere in der hier praktizierten Darreichungsform erweisen sich Etüden als unterhaltsam: Aus dem riesigen Fundus eines über zweihundert Jahre umspannenden Repertoires haben die Herausgeber 31 Etüden ausgewählt und unter thematischen Gesichtspunkten geordnet. Allesamt behandeln sie den Bereich der Elementartechnik, das heißt der halben und der ersten Lage inklusive der weiten Griffstellungen sowie der Grundstricharten. Sechzehn Meister des Cellospiels und der Etüdenkomposition sind vertreten: von Jean Louis Duport, einem der Urväter der modernen Cellotechnik, über Klassiker wie Dotzauer, Popper, Feuillard, Stutschewsky bis hin zu Kazimierz Wilkomirski (1900-1995). Hinzu kommt eine kleine Pièce von Marc Antoine Charpentier (vielleicht ursprünglich ein Solo für Bassgambe?), zweckentfremdet als Studie in der halben Lage.
Dass mit dem Heidelberger Hoch­schullehrer Holger Best und dem Aachener Cellisten und Pädagogen Walter Mengler zwei hochkarätige Experten editorisch am Werk waren, entnehmen wir sowohl den Ordnungsprinzipien – unter den Kapitelüberschriften „Geläufigkeit“, „Fingertraining“, „Saitenübergänge“ und „Stricharten, Bogentechnik“ behandelt jede Etüde einen genau definierten Einzelaspekt – als auch den sachkundigen Vorübungen und Anmerkungen zu jeder Etüde. Eine technisch sehr einfache Etüde wie Kummers Cantabile (Nr. 23) wird beispielsweise unter dem Motto „Espressivo-Klang auf den oberen Saiten“ (und diversen Varianten hinsichtlich Dynamik, Stegnähe oder -ferne) zu einem echten Prüfstein für junge CellistInnen.
Man kann diesen sinnreich zusammengestellten Band nur begrüßen. Wer unter uns Cellolehrern, die akribischsten eingeschlossen, hat schon das gesamte Etüdenrepertoire im Notenschrank und – noch wichtiger – stets vor dem inneren Ohr und Auge? Eine Kompilation wie die vorliegende erspart viel Sucharbeit und Recherche und räumt zugleich auf mit Vorbehalten gegenüber der vermeintlich grauen Welt der Etüden. Schon jetzt heißen wir einen offensichtlich geplanten zweiten Band herzlich willkommen!
Gerhard Anders