Leichte Konzertstücke für Klavier

Band 1: 50 leichte Stücke aus 5 Jahrhunderten, hg. von Rainer Mohrs und Monika Twelsiek, mit CD

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Schott, Mainz 2016
erschienen in: üben & musizieren 1/2017 , Seite 54

Bekanntes und weniger Bekanntes begegnet uns im ersten Heft der auf insgesamt drei Bände an­gelegten Sammlung Leichte Konzertstücke, die als Ergänzung zur Klavierschule gedacht sind. Der Titel der Reihe weckt falsche Hoffnungen bezüglich des ersten Bands, handelt es sich doch ausschließlich um 50 kurze Spiel­stücke aus dem Bereich der ­Unterstufe, nicht um Konzert­stücke.
Die Werkauswahl ist breit gefächert und spannt einen Bogen von Michael Praetorius bis zu Barbara Heller. Geschickt sind bekannte Unterrichtsstücke wie etwa die Menuette von Rameau und Krieger mit Charakterminia­turen von Gurlitt und Türk gemischt. Gut durchdachte Fingersätze und ein übersichtliches und großzügiges Notenbild erleichtern den SchülerInnen das Einstudieren. Bei den Renaissance- und Barocksätzen wurde auf Phrasierungsbögen und Artikulationszeichen verzichtet. Das Pedal kommt nur bei Gretchaninoffs Njanja ist krank zum Einsatz.
Die beiliegende CD, eingespielt von Vera Sacharowa, enthält alle 50 Stücke in einer angenehm zu hörenden, schlichten Interpre­tation. Besonders ausdrucksvoll gelingt Sacharowa César Francks Der Puppe Klagelied und Barbara Hellers Märchen aus 1001 Nacht. Das von ihr in beiden Werken vorbildlich eingesetzte Pedalspiel (Melodie- und Klangpedal) wäre auch für die Notenausgabe wünschenswert gewesen.
Das 20. Jahrhundert ist durch einige Komponisten vertreten, deren Spielstücke eher in Richtung Blues und Jazz tendieren, z. B. Gunter Kretschmers Regenwetter Blues oder Georges Frank Humberts Ragtime. Zweimal gibt es die andalusische Kadenz: in Fritz Emonts Tango und Mike Schoenmehls beliebtem Spanischen ­Gitarrenspieler. Kompositionen, die zur zeitgenössischen Klaviermusik führen könnten oder neue Kompositionstechniken wie beispielsweise das Spiel mit Resonanztönen einbeziehen, findet man in diesem Band nicht.
In Robert Schumanns Stückchen irritieren drei hinzugefügte Auflösungszeichen, die keine Bedeutung haben, ebenfalls in Franks Der Puppe Klagelied in Takt 35. Wer würde dort den Ton es spielen?
Der Herausgeber Rainer Mohrs hat selbst drei kleine Kompositionen beigesteuert: Die Karawane zieht vorbei, eine klangschöne, ausdruchsvolle Hirtenmelodie und einen Volkstanz in den Bergen, bei welchem allerdings Phrasierungsbögen für die rechte Hand, die hier nicht vorhanden sind, das melodische Spiel unterstützen würden.
Insgesamt enthält dieser erste Band viele anregende Spielstücke, die ohne Probleme in den ersten Klavierunterrichtsjahren eingesetzt werden können. Das ein oder andere kleine Werk passt sicher in ein Schülervorspiel oder ein Kinderkonzert. Für Wettbewerbe und Prüfungen, wie es im Vorwort heißt, wird möglicherweise dann in den Folgebänden Geeignetes zu finden sein.
Christoph J. Keller