Pärt, Arvo
Lieder aus der Kindheit
für Kinderchor und Klavier, mit CD
Wie klingt es, wenn Arvo Pärt Kinderlieder schreibt? Entstanden sind die Stücke zwischen 1956 und 1970, viele davon während einer knapp eine Dekade dauernden Phase, die ansonsten einer schöpferischen Pause glich. Doch auch zuvor komponierte der Este fast 20 Jahre lang Musik für den Nachwuchs und zur Untermalung von Zeichentrick- und Puppenfilmen sowie Hörspielen. Die meisten Lieder sind jedoch Pärts Mutter zu verdanken: Diese war Kindergärtnerin und Arvo Pärt besuchte sie bis zum Abitur täglich auf der Arbeit. Dort erfreute er die Kinder mit Improvisationen auf dem Klavier und lustigen Versen. Erst später hielt er seine Ideen auf Notenpapier fest.
Hörbar werden viele der 15 Lieder dieses Hefts durch die Aufnahme mit dem Kindergesangsstudio des Estnischen Rundfunks. Auf der mitgelieferten CD verzaubern die jungen Stimmen in Originalsprache. Rein instrumentale Versionen, die der ebenfalls estnische Komponist Tauno Aints zusammen mit Pärt arrangierte, ergänzen das umfangreiche Album. Sie sollen die Musiklehrkräfte im Unterricht unterstützen und den Chormitgliedern das Mitsingen zuhause vereinfachen.
Die Stücke sind kurz gehalten und bestechen durch eingängige, aber für Kinderlieder oft ausgefallene Harmonien. Besonders in Die Puppe hat keinen Namen lassen sich auch Elemente der Neuen Musik erahnen. Einfühlsam achten die Texte auf die Bedürfnisse und Sorgen junger Menschen. Zeilen wie „ach ich bin so schwach und klein, brich mir bitte bloß kein Bein“ im Lied des Marienkäfers appellieren an das Mitgefühl für andere Wesen und die Natur. Auch kritisches Denken soll den Kindern nahe gebracht werden: In Liebes Büchlein! werden zwar Computer nicht abgelehnt, doch wird besonders auf die Wichtigkeit von Büchern hingewiesen.
Pärts Musik unterstützt die Texte, die von verschiedenen AutorInnen verfasst wurden, optimal. Tiefe, abrupte Klavierstöße imitieren in Der Weihnachtsmann die Schritte des bärtigen Mannes auf dem Waldboden, die der Gesang sodann als „poch-poch“ nachsingt. In Was braust er schön stellen die sehr schnellen Sechzehntelläufe im Klavier, die das Geräusch eines Schneesturms schön darstellen, den Pianisten vor eine Herausforderung.
Auch die Jungen und Mädchen werden das ein oder andere Mal gefordert. Bis zum es'' geht es in einigen Stücken hinauf, was machbar ist, aber ausnahmsweise übersprungen werden könnte, da die Klavierstimme den Ton ebenfalls mitspielt. In der tiefsten Lage dürfen die Sänger bis zum g brummen. Diese Stelle dürfte wohl eher für ältere Kinder gedacht sein.
Wer mit seinem Kinderchor unbekannte und ungewöhnliche Melodien ausprobieren und den Horizont seiner Chormitglieder erweitern möchte, greift mit Arvo Pärts Liedern aus der Kindheit genau zum richtigen Heft.
Laurena Frey