Flügel, Ursula
Mara und Tastelino
Eine musikalische Geschichte für Instrumente mit und ohne 88 Tasten, mit CD
Das Heft, geeignet ab sechs Jahren, erzählt die Geschichte von Maras und Tastelinos Zeitreise durch die Musikepochen und die Geschichte der Tasteninstrumente. Abgedruckt sind 22 verschiedene Notenbeispiele unterschiedlicher Schwierigkeitsgrade und Stilrichtungen, durchbrochen von Erzähltext und farbigen Bildern von Ute Tasch; dazu gibt es ein Glossar. Die CD hat die Autorin selbst eingespielt.
Mittels einer Zeitreise Historie nahe zu bringen ist durchaus kindgemäß. Betrachtet man das Heft genauer, so stößt man jedoch auf zahlreiche Ungereimtheiten und wird unsicher, was die Zielsetzung der Autorin ist. Die Darstellung der Musikepochen gestaltet sich nicht eindeutig und ist wenig repräsentativ. Der Verlust der Eindeutigkeit resultiert aus der Doppelfunktion der Hörbeispiele als Epochen- und Handlungsspiegel. Im Barock erklingen zwischen Menuett und Bach-Präludium absurderweise Beethovens Für Elise (als Geburtstagsständchen) und Schumanns Träumerei (als Liebeslied).
In der Klassik vermisst man Haydn und Beethoven (Mozart als alleiniger Vertreter wird zudem ins Lächerliche gezogen) und zum Schubert-Walzer und einer Mazurka von Chopin (im Erzähltext als einziger Komponist namentlich erwähnt) gesellt sich der Flohwalzer! Reizvolle Stücke von Berthold Hummel erklingen ohne Epochenbezug immer dann, wenn die Zeitreise weitergeht. Musik der Gegenwart reduziert sich auf Stücke von Maria Sehrig und Gottfried Böttgers.
Die Geschichte der Tasteninstrumente begnügt sich mit Fakten zu Cembalo, Klavier/Flügel, E-Piano und Keyboard. Warum nicht Klangunterschiede zwischen Clavichord, Mozart-Flügel und modernem Flügel nahe bringen? Schließlich werden auch dem E-Piano und Keyboard Hörbeispiele gewidmet! Es fragt sich auch, welchen Sinn die Notenbeispiele haben, denn Noten lesende 6- bis 8-Jährige würden viele Stücke spieltechnisch noch nicht bewältigen und für ältere, fortgeschrittenere SchülerInnen wäre dann die Erzählung nicht mehr altersgemäß.
Möglicherweise verfolgt die Autorin auch die Absicht, zum Üben zu animieren. Dies ist jedoch nicht zu Ende gedacht: Wahrer Übeerfolg bleibt nämlich aus, denn es ist Tastelino (das personifizierte Klavier), der erfolgreich ist, nicht Mara! Vielmehr wird suggeriert, wie schlecht das Schülerspiel sei: „schief, krumm, wackelig, grottenschlecht, stöpselig, holprig“. Welches Kind wird so zum Üben motiviert? Ad absurdum führt die Autorin den Begriff „Improvisation“, der unter der Überschrift „Krach“ auftaucht: „Hier kannst du auf die Tasten hauen, wie du willst.“ Und die CD offenbart in einer „5-Sekunden-Cluster-Reihe“ hoffentlich nicht alle Improvisationskünste der Autorin…
Fehlerfreie Notentexte wären schön gewesen, zumindest aber sollten Hörbeispiele keine Spielfehler, rhythmisch-metrischen Ungenauigkeiten oder falschen Phrasierungen enthalten.
Anna-Elisabeth Wartner